Menschenwürde schlägt Heimatliebe
Zertifikatskurs zur Auseinandersetzung mit Werten und Haltung im Wintersemester gestartet.
Eine Umfrage unter Augsburger Lehramtsstudierenden zeigt: Die Bildungsziele und die Beziehung zur Werteentwicklung künftiger Lehrpersonen haben sich geändert. Der Lehrstuhl für Schulpädagogik bietet hier anknüpfend seit diesem Wintersemester das neue Zertifikat „Wertebildung“ an. „Liebe zur Heimat“, „Ehrfurcht vor Gott“ und „Selbstbeherrschung“: Sind das aus heutiger Sicht noch zentrale Werte, die Lehrpersonen ihren Schülern vermitteln sollten? Oder sind „Achtung vor der Würde des Menschen“, „Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt“ und Erziehung im „Geiste der Demokratie“ inzwischen nicht dringendere und zeitgemäßere Bildungs- und Erziehungsziele? Um herauszufinden, wie angehende Lehrpersonen zu diesen Fragen stehen, führte der Lehrstuhl für Schulpädagogik im letzten Sommersemester eine Umfrage unter Augsburger Lehramtsstudierenden durch. Das Ergebnis der Umfrage zeigt deutlich, dass sich die Bildungsziele künftiger Lehrpersonen verändert haben und heute andere Werte bedeutsam sind als früher. Darüber hinaus zeigt die Umfrage, dass die Augsburger Lehramtsstudierenden ein hohes Bewusstsein für die globalen und gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit haben. Wertebildung als Teil des Lehramtsstudiums sollte dementsprechend einen höheren Stellenwert einnehmen. Daher hat der Lehrstuhl für Schulpädagogik unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Zierer das Zertifikat „Wertebildung“ entwickelt. Interessierte Studierende können dieses freiwillig innerhalb von zwei Semestern durch die Absolvierung dreier Module erwerben. Im Sommersemester wurden 586 Lehramtsstudierende der Universität Augsburg zu ihren zentralen Bildungs- und Erziehungszielen befragt. Grundlage der Umfrage des Lehrstuhls für Schulpädagogik (Prof. Dr. Klaus Zierer) bildeten die in Artikel 131 der Bayerischen Verfassung zusammengefassten obersten staatlichen Bildungs- und Erziehungsziele. Neben den zentralen in der Bayerischen Verfassung verankerten Werten wurden noch drei weitere Bereiche untersucht. Diese waren „epochaltypische Schlüsselprobleme“, die „17 SDGs (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen“ und „Werte allgemein“. Die Auswertung der Umfrage ergab, dass „Achtung vor der Würde des Menschen“, „Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt“ und eine Erziehung im „Geiste der Demokratie“ für Lehramtsstudierende die drei wichtigsten Bildungs- und Erziehungsziele sind. Demgegenüber wurde auch deutlich, welche pädagogischen Ideale die Befragten als am wenigsten drängend empfinden, nämlich: „Liebe zur bayerischen Heimat“, „Ehrfurcht vor Gott“ und „Selbstbeherrschung“. Prof. Klaus Zierer bewertet die Ergebnisse der Umfrage wie folgt: „Man merkt, dass die Bayerische Verfassung vor gut 75 Jahren in Kraft getreten ist. Patriotische Grundhaltung, religiöser Glaube und Zurückstellung eigener Bedürfnisse zugunsten der Gemeinschaft sind für die nächste Generation von Lehrpersonen keine vorrangigen Erziehungsziele mehr.“ Um so wichtiger sei Wertebildung als Studieninhalt und als gesamtgesellschaftliches Thema, betont der Augsburger Schulpädagoge. Um die Beschäftigung mit dem Thema Wertevermittlung weiter voranzutreiben, bietet der Lehrstuhl für Schulpädagogik nun seit diesem Wintersemester das neue Zertifikat „Wertebildung“ an. Es kann durch Absolvierung verschiedener Module innerhalb von zwei Semestern erworben werden. Bei dem Zertifikat handelt es sich um ein freiwilliges Zusatzangebot für Lehramtsstudierende. Grundlegende Ziele des Zertifikats sind die Entwicklung eines Bewusstseins für Wertebildung und -erziehung, das Kennenlernen wichtiger Grundbegriffe und Konzepte sowie die Auseinandersetzung mit exemplarischen Handlungsfeldern. Das grundlegende Modul 1 ist eine interdisziplinäre Ringvorlesung zum Thema „Perspektiven einer zukunftsweisenden Wertebildung - Aktuelle Fragen und Probleme der Schulpädagogik“ mit verschiedenen Dozierenden und externen Kooperationspartnern. Im Modul 2 können sich die Studierenden für einen der drei Schwerpunkte „Umweltbildung und Nachhaltigkeit“, „Medienbildung und Digitalisierung“ oder „Demokratiebildung und Soziales Lernen“ entscheiden. Alternativ können Studierende auch keinen Schwerpunkt wählen, sondern aus diesen drei Bereichen frei wählen. Im Modul 3 werden die erworbenen Kompetenzen in einer Projektarbeit vertieft. Professor Klaus Zierer betont: „Unsere Studierenden zeichnen sich durch hohe Sensibilität für globale und gesellschaftspolitische Herausforderungen aus. So überrascht es nicht, dass Umweltschutz, Friedenssicherung und Bildungsgerechtigkeit für die jungen Menschen die bedeutendsten epochaltypischen Herausforderungen unserer Zeit sind.“ Hinzu kämen Frieden und Gerechtigkeit sowie die Bekämpfung von Armut und Hunger als die drei priorisierten SDGs (Sustainable Development Goals). Da es bei der Wertebildung im Kern um Haltungsbildung gehe, bilde der Sokratische Eid als Berufseid für Lehrpersonen auch für das neue Zertifikat „Wertebildung“ die moralische Grundlage. Der Sokratische Eid sei als Selbstverpflichtung gedacht und rücke die Verantwortung jedes Einzelnen ins Zentrum. Denn auch Sokrates hielt sogar im Angesicht des eigenen Todes an seiner Haltung fest und opferte diese selbst für das Leben nicht. Zierer folgert abschließend aus der Umfrage, dass „unsere Lehramtsstudierenden ein starkes Wertebewusstsein haben. Genau das wollen wir noch intensiver im Studium aufgreifen und es soll sich so noch weiterentwickeln können.“ Mit dem Zertifikat „Wertebildung“ ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung gelungen.
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Umfrage unter Lehramtsstudierenden
Das Zertifikat „Wertebildung“
Wertebildung und gesellschaftliche Verantwortung
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