Auswirkungen des Klimawandels auf den Lech verringern
Wissenschaftszentrum Umwelt der Universität Augsburg begleitet das Projekt CONTEMPO2 mit sozial-ökologischer Forschung
Der Klimawandel gefährdet zahlreiche Arten im und am Lech und bedroht dessen Ökosystem. Wie diese Auswirkungen auf den Fluss verringert werden können, erforscht ein neues Projekt, das von der LEW Wasserkraft GmbH und dem Wissenschaftszentrum Umwelt der Universität Augsburg gemeinsam mit weiteren wissenschaftlichen und kommunalen Projektpartnern umgesetzt wird. Das von der EU geförderte LIFE-Projekt CONTEMPO2 erprobt vor dem Hintergrund des Klimawandels neue Wege, um trotz Wasserkraftnutzung die Ökosysteme im und am Lech zu stärken. Forschende der Universität untersuchen dabei, welche Positionen verschiedene Akteure – von den Wasserwirtschaftsämtern bis zu den Naturschutzverbänden und Wasserkraftbetreibern – haben und versuchen, mögliche Kompromisse und Kooperationen zu identifizieren. Aufgrund des Klimawandels ist in den nächsten Jahren in europäischen Fließgewässern mit zeitweise deutlich niedrigeren Wasserständen und höheren Wassertemperaturen zu rechnen. Dies beeinflusst sowohl die klimafreundliche Energieerzeugung aus Wasserkraft als auch das Ökosystem Fluss. Für den Lech greift das Projekt CONTEMPO2 diese Problematik auf. Ab Gersthofen wird der größte Teil des Lechwassers in einen Kanal abgeleitet, dessen Energie in den Kraftwerken der LEW zur Erzeugung klimafreundlichen Stroms genutzt wird. Im „Lech-Mutterbett“ verbleibt das sogenannte Restwasser. Auch die angrenzenden Auwälder werden zur ökologischen Aufwertung und Entwicklung von Lebensräumen aus dem Lechkanal bewässert. In besonders trockenen Hitzeperioden kann es jedoch dazu kommen, dass sich das Restwasser rasch erwärmt und Seitengewässer trocken fallen, mit dramatischen Folgen für die dort lebenden Fische und andere Organismen. Im Fokus der Forschung stehen beim LIFE-Projekt CONTEMPO2 Flüsse mit Ausleitungskraftwerken, wie es am Lech zwischen Gersthofen und Meitingen der Fall ist. Ziel ist es, die Wassertemperaturen und den Sauerstoffgehalt aktiv zu steuern und so in einem unkritischen Bereich zu halten. Denn viele heimische Fischarten, etwa Bachforellen oder Äschen, sind auf kaltes und sauerstoffreiches Wasser angewiesen. Außerdem sollen Maßnahmen ergriffen werden, die durch zusätzliche Auebäche den Flusslebensraum der Ausleitungsstrecke möglichst widerstandsfähig gegen die Folgen des Klimawandels gestalten. Gleichzeitig soll die zuverlässige Stromerzeugung durch Wasserkraft auch in Trockenperioden sichergestellt bleiben. Das Gesamtprojekt hat ein Volumen von 7,2 Millionen Euro, von denen ca. 60 Prozent durch die EU gefördert werden. CONTEMPO2 ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt Gersthofen, dem WZU der Universität Augsburg, der TU München, dem Aueninstitut der Universität Eichstätt, dem LPV Augsburg-Stadt, dem Fischereiverband Schwaben. Die Umsetzung erfolgt unter der Projektleitung der LEW Wasserkraft.
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Trotz Klimawandel in Balance
CONTEMPO2 kann damit zu einem Projekt mit Vorbildcharakter werden, das durch gezielte Maßnahmen zwei zentrale Herausforderungen adressiert: die Sicherstellung einer nachhaltigen Energiegewinnung und die Stärkung der Flussökologie. Neben der Gewässerökologie ist es Ziel des Projektes, den Lech und seine Probleme in Zeiten des Klimawandels stärker ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. Daher spielt die sogenannte Sozialfunktion des Lechs als Naherholungsgebiet und Ort der Umweltbildung eine wichtige Rolle bei CONTEMPO2.Wissenschaftliche Begleitung
Entwickelt und umgesetzt wird das Projekt gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Disziplinen. Beteiligt sind neben der Universität Augsburg auch das Aueninstitut der Katholischen Universität Eichstätt sowie die Technische Universität München, hinzu kommt u.a. für das Fischmonitoring der Fischereiverband Schwaben. Es ist naheliegend, dass zunächst gewässerökologische und technische Aspekte im Vordergrund stehen. Doch das Projekt steht auch inmitten eines politisch-ökologischen Spannungsfeldes. Diesem widmet sich die sozial-ökologische Begleitforschung des Wissenschaftszentrums Umwelt der Universität Augsburg. „Ein Ziel ist es, das Spannungsfeld zwischen klimafreundlicher Stromerzeugung und Naturschutz besser zu überblicken und mögliche Kompromisse und Kooperationen zu identifizieren,“ sagt PD Dr. Jens Soentgen vom Wissenschaftszentrum Umwelt.
Prof. Dr. Matthias Schmidt, der den Lehrstuhl für Humangeographie und Transformationsforschung leitet, erläutert den methodischen Ansatz: „Wir fragen: Wer will welchen Lech? Wir verwenden Methoden der politischen Ökologie, um zu untersuchen, welche Positionen einander entgegenstehen, aber auch, wo es Kompromissmöglichkeiten gibt.“ Dabei gehe es darum, die Landkarte, um die Akteure am Lech – von den Wasserwirtschaftsämtern bis zu den Naturschutzverbänden und Wasserkraftbetreibern – zu ergänzen und ihre inhaltlichen Positionen im Kontext darzustellen. Im Zuge einer Dissertation wird Matthias Settele vom Wissenschaftszentrum Umwelt eine Akteursanalyse durchführen und mithilfe qualitativer Interviews das Umfeld der verschiedenen im Rahmen von CONTEMPO2 geplanten Maßnahmen innerhalb der nächsten drei Jahre untersuchen.
Die Begleitforschung ist ein innovatives Element des Projektes, das für ähnlich genutzte Flüsse Vorbildcharakter haben soll. Des Weiteren sollen mit Angeboten für „Flussgespräche“ gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband Augsburg-Stadt innovative Wege für die Umweltbildung entwickelt werden, bei denen der Lech im Klimawandel im Mittelpunkt stehen wird.
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