Pressemitteilung 81/24 - 16.07.2024

Migrantische Lebenswirklichkeiten

Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien 2024 verliehen

Der Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien 2024 geht an Dr. des. Dilek Tepeli von der Ruhr-Universität Bochum für ihre Dissertation zu den Konfliktmustern alevitischer und sunnitischer Migrantinnen und Migranten, die sich auch im Leben türkischstämmiger Jugendlicher zeigen. Canê Çağlar erhält 2024 den Förderpreis für ihre Masterarbeit, in der sie untersuchte, wie Studierende of Color den Lebensort Universität wahrnehmen. Gemeinsam mit dem Forum Interkulturelles Leben und Lernen (FiLL e.V.) und der Friedensstadt Augsburg verlieh die Universität Augsburg die Preise am 15. Juli.

Verleihung des Augsburger Wissenschaftspreises für interkulturelle Studien 2024: Oberbürgermeisterin Eva Weber, Universitätspräsidentin Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel, Daniela Susso (1. Vorsitzende FiLL e.V.), Preisträgerin Dilek Tepeli und Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Eckhard Nagel (Vorsitzender der Jury) © Universität Augsburg


Türkeistämmige als größte Einwanderungsgruppe in Deutschland werden in der Öffentlichkeit häufig als eine homogene Gruppe wahrgenommen. Dieses Bild übersieht jedoch die große innere Diversität dieser Migrantinnen und Migranten. Dilek Tepeli, die in Bochum forscht, hat sich in ihrer Dissertation mit konfessionellen Konfliktlinien zwischen alevitischen und sunnitischen Menschen mit Migrationshintergrund beschäftigt und wurde dafür mit dem Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien 2024 ausgezeichnet.

Sie geht der Frage nach, inwiefern sich tradierte historische Verletzungsverhältnisse aus dem Herkunftsland Türkei auf die gefühlsmäßigen Bindungen von alevitischen und sunnitischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der postmigrantischen Gesellschaft auswirken. Sie zeigt, dass die jungen Menschen in ihrem Dasein als postmigrantische Jugend die Erfahrung eines verbindenden Außenseitertums teilen. Jungen Alevitinnen und Aleviten erleiden jedoch erhöhte Verletzungsrisiken, da sie sowohl in Deutschland als auch innerhalb der türkeistämmigen Diaspora als Außenseiter positioniert sind.

Die Jury würdigte Tepelis Arbeit für den kritischen Beitrag, den sie zur Aufarbeitung verdrängter Gewalt- und Ausgrenzungsverhältnisse in unserer liberalen, pluralistischen Einwanderungsgesellschaft leiste. Die Forschungsergebnisse seien besonders wichtig für die pädagogische und politische Arbeit mit jungen Menschen. Dr. des. Dilek Tepeli forscht in Bochum im BMBF-geförderten Forschungsprojekt „Lokale Konflikte und Emotionen in urbanen Räumen“ (LoKoNet) weiter im Feld der Konfliktforschung.

Chancengleichheit an Universitäten

Aufgrund der Allgegenwärtigkeit von Differenzierungspraxen wie beispielsweise Rassismus an Bildungsinstitutionen, haben, trotz der 1972 postulierten Chancengleichheit des Deutschen Bildungsrates, nicht alle Lernenden die gleichen Chancen, Handlungsmöglichkeiten und Zukunftsaussichten. Canê Çağlar untersuchte in ihrer Masterarbeit, wie Schwarze Studierende, indigene Studierende und Studierende of Color den Lernort Universität wahrnehmen und wie ihre Handlungsfähigkeit erweitert werden kann. Für ihre rassismuskritische Analyse erhält Çağlar den diesjährigen Förderpreis.
 

Glückliche Gesichter bei der Preisverleihung: Oberbürgermeisterin Eva Weber, Universitätspräsidentin Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel, Daniela Susso (1. Vorsitzende FiLL e.V.), Preisträgerin Canê Çağlar und Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Eckhard Nagel (Vorsitzender der Jury) © Universität Augsburg

In ihrer Arbeit zeigt sie, wie durch den Einbezug von Perspektiven dieser Bi_PoC-Studierenden an universitären Lernorten sowie durch die institutionelle Verankerung von Rassismuskritik, Rassismen abgebaut und rassismuskritische Veränderungen aussehen können. Die Jury lobt, dass durch von ihr herausgearbeiteten institutionellen Handlungsmöglichkeiten dieses komplexe Thema mehr Aufmerksamkeit erhalte und so das Ziel eines gerechteren Bildungssystems näher rücke und einen rassismuskritischen Wandel im Sinne der Bildungsgerechtigkeit ermögliche.

Canê Çağlar wird sich auch künftig dem Thema Bildungsgerechtigkeit widmen. In ihrer Promotion knüpft sie an ihre Masterarbeit an und widmet sich Bildungsbiografien (mehrfach-) marginalisierter Personen.

Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien

Der Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien, der 1997 auf Initiative des Gründers von FiLL e. V., des Unternehmers und späteren Augsburger Friedenspreisträgers Helmut Hartmann, erstmals ausgeschrieben wurde, zeichnet hervorragende Leistungen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern aus, deren Forschung sich mit der interkulturellen Wirklichkeit in Deutschland und den damit zusammenhängenden Fragen und Herausforderungen auseinandersetzt.

Die Ausschreibung wendet sich an alle wissenschaftlichen Disziplinen und will in besonderer Weise interdisziplinär und innovativ angelegte Qualifikationsarbeiten prämieren. Mit der Vergabe des Preises sollen Anreize für thematisch einschlägige Forschungsarbeiten gegeben und interkulturelle Fragestellungen besonders gefördert werden. Damit ist das Anliegen verbunden, dass die Wissenschaft Forschungsergebnisse bereitstellt, die einen Beitrag zum besseren Verständnis einer von Diversität geprägten Gesellschaft und den hier notwendig werdenden Gestaltungsformen leisten.

Durch die Auszeichnung exzellenter Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler wird die Bedeutsamkeit interkultureller Studien für ein friedliches Zusammenleben in offenen Gesellschaften hervorgehoben und die wissenschaftliche Entwicklung im Hinblick darauf unterstützt und vorangetrieben.

Ausschreibung 2025

Die Ausschreibung für den Preis 2025 ist bereits für Bewerbungen offen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der Universität Augsburg.

Kontakt

Kristina Lang
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