Innovationslabor für "Kollaborative Robotik"
Um den Prozess der Digitalisierung aktiv zu gestalten und die Chancen der digitalen Transformation in Bayern zu nutzen, hat die Bayerische Staatsregierung die Zukunftsstrategie BAYERN DIGITAL entwickelt.Das Zentrum Digitalisierung.Bayern (ZD.B) ist ein Kernelement dieser Strategie. Mit dem ZD.B wurde eine bayernweite Forschungs-, Kooperations- und Gründungsplattform geschaffen. Im Rahmen des ZD.B, werden verschiedene Maßnahmen gefördert. Eine dieser Maßnahme ist die Einrichtung von Innovationslaboren für Studierende an staatlichen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Bayern (weitere Informationen).
Das studentische Innovationslabor für "Kollaborative Robotik" an der Universität Augsburg ist eines der zehn vom Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StMWK) im Rahmen des Zentrum Digitalisierung.Bayern geförderten Labore, in welchen die Studierenden unter Anwendung von agilen Software- und Systementwicklungsmethoden in Gruppenarbeit innovative Prototypen im Bereich Digitalisierung entwickeln.
Die Ideen für die Projekte stammen dabei aus unterschiedlichen Quellen (z.B. aus Unternehmen, von den beteiligte Studierenden oder aus der Themenplattformen des ZD.B).
Das studentische Innovationslabor für "Kollaborative Robotik" am Institut für Software & Systems Engineering addressiert einen neuen und wichtigen Zukunftsmarkt für Bayern. Durch die Bereitsstellung hochmoderner technischer Infrastruktur (d.h. kollaborative Roboter, Greifer, Roboterhände und Sensorsysteme) sowie einem fachspezifischen Coaching sind die Studierenden des Innovationslabors in der Lage neuartige Applikationen im Bereich der Mensch-Roboter-Kollaboration zu entwicklen.
Ausrichtung und Ziel
Die Digitalisierung dringt mittlerweile in viele Bereiche des täglichen Lebens vor. Von Industriemaschinen und Robotersystemen (Smart Factory) bis hin zu intelligenten Hausgeräten oder Heizungsanlagen (Smart Home) findet eine immer stärkere Vernetzung dieser Geräte im Internet der Dinge statt. Eine besondere Rolle nehmen Assistenz- oder Serviceroboter ein, da sie durch einen geteilten Arbeitsraum in eine direkte, auch physische Interaktion mit dem Menschen treten können. Diese robotischen Systeme können den Menschen in seiner täglichen Arbeit unterstützen bzw. entlasten. Das gilt sowohl im häuslichen Umfeld als auch in der Fabrik:
- Im Kontext von Industrie 4.0 haben robotische Co-Worker (CoBots) vereinzelt bereits Eingang in die Produktion gefunden. Diese kollaborativen Einsatzszenarien werden jedoch in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen.
- In der technisch-assistierten Pflege können kollaborative Roboter einerseits dazu beitragen, die Selbstbestimmung und Lebensqualität von Pflegebedürftigen zu erhöhen und ihnen eine größere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Zum anderen bieten sie die Aussicht, professionelle Pflegekräfte ebenso wie privat oder ehrenamtlich Pflegende zu entlasten.
Durch die 2016 veröffentlichte Norm ISO/TS 15066:2016 zur Mensch-Roboter-Kollaboration stehen dem kommerziellen Einsatz innovativer Robotersysteme neue Möglichkeiten offen. Dies eröffnet neue Chancen, Potentiale und Märkte für bayerische Unternehmen – angefangen bei Start-Ups über kleine und mittelständische Unternehmen bis hin zu etablierten Unternehmen.
Das vom Institut für Software & Systems Engineering (ISSE) koordinierte studentische Innovationslabor für "Kollaborative Robotik" bietet hierfür die technische Infrastruktur, die Voraussetzung ist, um innovative Projektideen und praxisrelevante Problemstellungen im Kontext der kollaborativen Robotik umzusetzen. Der Fokus liegt dabei auf kollaborativen Produktionsassistenten und Assistenzsystemen für die Pflege. Allerdings steht das Innovationslabor auch weiteren Ideen und Anwendungsbereichen durch Unternehmen und die Studierenden offen.
Während die grundlegende Hardware, d.h. kollaborative Roboter, Greifer und Sensoren, bereitgestellt wird, liegt der Schwerpunkt des Innovationslabors auf der Entwicklung von Software für kollaborative Robotik. Durch die
- intelligente Vernetzung der Aktuatorik und der Sensorik,
- neuartige Algorithmen für die Sensorauswertung und
- kreative Konzepte zur (physischen) Interaktion mit dem Menschen
entstehen innovative, kollaborative Robotersysteme. Die Programmierung erfolgt dabei in objektorientierten Programmiersprachen. So können kollaborative Roboter bspw. in Java mit der Robotics API programmiert werden. Alternativ oder ergänzend kann das Robot Operating System (ROS) verwendet werden, das in den Programmiersprachen C++ und Python programmiert werden kann.
Durch eine prototypische Umsetzung kollaborativer Robotersysteme ist ebenfalls eine Evaluation mit den zukünftigen Benutzern möglich und wird explizit durch das Innovationslabor unterstützt. Dies bietet bspw. Unternehmen aber auch den Studierenden, die die Gründung eines Start-Ups ins Auge fassen, die Möglichkeit wichtige Erkenntnisse zum Nutzen, zur Benutzerfreundlichkeit und zur Akzeptanz zu gewinnen.
Studienmodule
Für das Innovationslabor sind drei Studienmodule vorgesehen, die schematisch in der folgenden Grafik dargestellt sind und ab dem Wintersemester 2017/2018 starten.
Das Basismodul des Innovationslabors ist das Praktikum Kollaborative Robotik, das aus einer theoretischen Begleitveranstaltung (2 SWS) und einem hohen praktischen Anteil (4 SWS) zur Umsetzung der Projektideen besteht. Die Begleitveranstaltung ist vor allem dafür da, die theoretischen Grundlagen der Robotik, der Mensch-Roboter-Interaktion, des Machine Learnings und der Kognition zu vermitteln. Ergänzt werden diese Inhalte durch eine Einführung in die (objektorientierte) Roboterprogrammierung sowie die agile Softwareentwicklung und Projektmanagement. Diese Inhalte werden in Form von Blockveranstaltungen am Beginn eines Semesters vermittelt, so dass sich die Studierenden im Anschluss auf die Umsetzung der Projektidee konzentrieren können.
Durch die Verwendung realer Geräte als begrenzende Ressourcen ist die Veranstaltung für max. bis zu 20 Studierende konzipiert. Unterstützt werden die Studierenden bei der praktischen Umsetzung durch den Coach und Tutoren.
Aufbauend auf dem Praktikum kann eine gemeinsame Vertiefung in dem Projektmodul Kollaborative Robotik stattfinden. Hierbei können bis zu 5 Studierende gemeinsam eine im Basispraktikum umgesetzte Idee weiterentwickeln bzw. optimieren. Eine theoretische Begleitveranstaltung ist hierbei nicht vorgesehen, so dass der Fokus vollständig auf der praktischen Umsetzung und der Dokumentation der Ergebnisse liegen kann. Dadurch besteht für die Studierenden die Möglichkeit, die Umsetzungstiefe und -reife ihrer Ideen zu verbessern. Unterstützt werden die Studierenden ebenfalls wieder durch den Coach und Tutoren.
Ergänzend besteht auch die Möglichkeit das Innovationslabor für Masterarbeiten zu nutzen. Dabei können ausgewählte Aspekte bereits zuvor umgesetzter Projektideen wissenschaftlich vertiefet werden oder weitere von Unternehmen eingebrachte Problemstellungen individuell erforscht und bearbeitet werden.
Das Innovationslabor und die oben genannten Module stehen Studierenden der konsekutiven Master-Studiengänge „Informatik“, „Informatik und Multimedia“ und „Ingenieurinformatik“ sowohl im Winter- als auch im Sommersemester offen. Durch sich ergänzende Kompetenzen der Studierenden können komplexe und vielschichtige Projektideen der kollaborativen Robotik umgesetzt werden.
Weitere Informationen finden Sie in Digicampus.
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Die Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) zu der Förderung der studentischen Innovationslabore finden Sie unter:
https://www.km.bayern.de/pressemitteilung/10588/.html
Die Pressemitteilung der Universität Augsburg finden Sie unter:
http://www.presse.uni-augsburg.de/de/unipressedienst/2017/jan-maerz/2017_043/
Projekte
Hier finden Sie eine Übersicht der Projekte des studentischen Innovationslabors:
Sommersemester 2018
Assistenzrobotik in Pflegeheimen
Modul "Kollaborative Robotik" in Zusammenarbeit mit der C&S GmbH
Bedingt durch den demographischen Wandel und den zunehmenden Fachkräftemangel im Bereich der Pflege, wird aktuell zunehmend an Robotersystemen geforscht, welche die Arbeit der Pflegekräfte erleichtern, sowie komplementäre Aufgaben erfüllen sollen. Als langjähriger Dienstleister für Software im Bereich der Pflege interessiert sich auch die Firma C&S für den Einsatz solcher neuartigen Robotersysteme in Pflegeheimen, sowie im häuslichen Umfeld. Im Innovationslabor für Kollaborative Robotik an der Universität Augsburg sollen Studenten in enger Zusammenarbeit mit dem Innovationspartner des Sommersemesters 2018 neuartige Interaktionskonzepte erarbeiten und in einer prototypischen Implementierung auf ihre Einsatzfähigkeit prüfen. Ausgangspunkt ist das vorgegebene Anwendungsszenario in dem eine Person zu einem bestimmten Raum geführt werden soll. Hiervon ausgehend werden in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden C&S, sowie Interessenten aus dem Bereich der Pflege, weitere Use-Cases identifiziert und konzipiert. Das vorgegebene Szenario hat den Vorteil, dass es einfach in den Räumlichkeiten der Universität erprobt und angewendet werden kann, sowie ferner eine für die Studenten eindeutig greifbare Anwendung darstellt. Die identifizierten Anwendungsfälle sollen jeweils in Form von unabhängigen Fähigkeiten implementiert werden, welche mit Hilfe von Parametersätzen einfach an andere Umgebungen angepasst werden können. Dies erleichtert den Umzug des Assistenzroboters aus dem Universitätsgebäude in das Pflegeheim, indem lediglich andere Karten und Parameter geladen werden müssen, während die Implementierung der konkreten Fähigkeiten unverändert bleibt.
Wintersemester 2017/18
Visualisierung einer Roboterzelle mit Mixed-Reality
Bachelorarbeit in Zusammenarbeit mit der Xitaso GmbH
Dieses Projekt zeigt auf, ob und inwieweit Mixed-Reality (MR) in der Mensch-Roboter-Kollaboration Verwendung finden kann. In diesem Zusammenhang wurde eine Holo-Lens der Fa. Microsoft genutzt, um eine Roboterzelle zu visualisieren. Für diese MR-Brille wurde eine Anwendung erstellt, um verschiedene Szenarien zu analysieren. Dadurch können wichtige Erkenntnisse gesammelt werden bzgl. der Stärken bzw. Schwächen von Mixed-Reality - und insbesondere auch der HoloLens - für den Anwendungsbereich der Robotik.
Roboter ärgere dich nicht
Modul "Kollaborative Robotik" in Zusammenarbeit mit der KUKA AG
Als Anwendung wurde in Zusammenarbeit mit der KUKA AG das Spiel „Mensch ärger dich nicht“ ausgewählt. Dabei soll eine Partie zwischen einem Roboter und einem oder mehreren Menschen ausgetragen werden. Die Entwicklung dieser Anwendung erfordert einerseits die Beachtung aktueller Sicherheitsnormen (ISO TS 15066, DIN EN ISO 10218-2) in Bezug auf maximale Geschwindigkeiten, maximale Kräfte und die Auswertung sicherheitsgerichteter Sensorik zum Schutz von Menschen im Arbeitsbereich des Roboters. Zum anderen müssen neuartige Interaktionsmechanismen entworfen werden, um ein immersives und ansprechendes Spielerlebnis für den Benutzer zu erzeugen. Von großer Bedeutung hierbei sind erwartungskonforme und angenehme Bewegungen des Roboters, welche andererseits aber auch eine gewisse „Emotionalität“ als Reaktion auf das aktuelle Spielgeschehen ausdrücken sollen. Diese Interaktion soll auch durch die Anzeige eines Avatars unterstützt werden, dessen konkrete Gestaltung den Studierenden überlassen werden soll um eine mögliche Einflussnahme auf die Gestaltung durch Vorgabe konkreter Beispiele oder Anweisungen auszuschließen.
Kontakt
Ansprechpartner für Fragen bzgl. Projekte und Lehrveranstaltungen sowie für potentielle Projektanfragen das studentische Innovationslabor für "Kollaborative Robotik" sind:
- Telefon: +49 821 598 2421
Institut für Software & Systems Engineering
Das Institut für Software & Systems Engineering, geleitet von Prof. Dr. Wolfgang Reif, ist eine wissenschaftliche Einrichtung in der Fakultät für Angewandte Informatik an der Universität Augsburg. Das Institut unterstützt sowohl Grundlagen- als auch angewandte Forschung in allen Bereichen der Software & Systems Engineering. In der Lehre ermöglicht es die weitere Entwicklung des relevanten Kursangebots von Fakultät und Universität.