DELTA-Studie
Depressions-Langzeitstudie Augsburg (DELTA-Studie)
Depressionen gehören zu den häufigsten Formen psychischer Erkrankungen. In Deutschland leiden schätzungsweise 4,9 Millionen Personen an einer unipolaren Depression. Etwa 19% der Bevölkerung erkrankt mindestens einmal im Leben an einer Depression. Aufgrund der Häufigkeit der Erkrankung und ihrer Auswirkungen auf das Leben der Betroffen, zählt die Depression zu den gesellschaftlich belastetsten Krankheiten und rangiert hier noch vor Volkskrankheiten wie Diabetes oder koronaren Herzkrankheiten.
Eine klinisch relevante Depression (depressive Episode oder Major Depression) ist gekennzeichnet durch das Auftreten der Kernsymptome Niedergeschlagenheit/Traurigkeit und Verlust von Interesse und Freude über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen. Neben diesen Symptomen können weitere Beschwerden wie Energieverlust, Schlaflosigkeit, Rastlosigkeit oder Verlangsamung, Gewichtsveränderungen, Gefühle von Wertlosigkeit oder Schuldgefühle, Störungen des Denkens, der Konzentration oder Entscheidungsfähigkeit und Suizidgedanken auftreten.
Bei der Entstehung der Depressionen wirken viele Faktoren zusammen: genetische, neurobiologische (z.B. veränderte Funktion der Botenstoffe zwischen den Nervenzellen), sowie psycho-soziale Faktoren (z.B. Verlust/Trennung von Nahestehenden, berufliche Belastungen). Depressive Erkrankungen werden je nach Schweregrad mit Medikamenten und/oder psychotherapeutischen Verfahren behandelt. Bei schweren Depressionen, die etwa 30% aller depressiven Störungen ausmachen, sehen die Therapieleitlinien eine Kombination von medikamentöser Therapie mit Antidepressiva und Psychotherapie vor.
Es ist noch wenig darüber bekannt, wie es für Patienten, die mit einer schweren Depression im Krankenhaus behandelt werden, nach der Entlassung aus dem Krankenhaus weitergeht.
Die DELTA-Studie wird den Krankheitsverlauf, die Behandlung und die ambulante Versorgung der Patienten über mehrere Jahre hinweg erforschen, sowie Einflussfaktoren auf den Krankheitsverlauf identifizieren. Als Einflussfaktoren werden u.a. körperliche Aktivität, Handgreifkraft und Ernährung erhoben. Um die medikamentöse Behandlung zu dokumentieren, werden fortlaufend Wirkstoffspiegel im Blut bestimmt. Darüber hinaus ist Forschungsgegenstand, welche Rolle Biomarker gemessen in Blut, Stuhl, und Urin im Krankheitsverlauf spielen. Die Studie wird auch dazu beitragen, Krankheitsgruppen zu identifizieren, die von der Therapie mit Antidepressiva nur unzureichend profitieren. Insgesamt wird die Studie einen umfassenden Überblick über den Verlauf der Krankheit und über die gesundheitliche Versorgung der Patienten mit schweren Depressionen geben.
In die Studie können PatientInnen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, die am Bezirkskrankenhaus Augsburg wegen einer schweren Depression stationär behandelt werden, eingeschlossen werden. Die Teilnahme an der Studie ist freiwillig und unabhängig von der Behandlung.
Die Studie wird vom Lehrstuhl für Epidemiologie, Medizinische Fakultät der Universität Augsburg, Universitätsklinikum Augsburg (Leiter: Prof. Dr. Jakob Linseisen) in Zusammenarbeit mit dem Bezirkskrankenhaus Augsburg (Chefarzt: Univ. Prof. Dr. A. Hasan) durchgeführt.
Die Teilnahme an der Studie ist freiwillig und unabhängig von der Behandlung. Wenn ein Patient bereit ist, an der Studie teilzunehmen, und bestimmte Einschlusskriterien erfüllt, muss nach umfassender Information über die Studie ein Einwilligungsformular von ihm/ihr unterzeichnet werden. Die Datenerhebungsverfahren werden gemäß der Erklärung von Helsinki durchgeführt.
Nachdem der Patient das Einwilligungsformular unterschrieben hat, findet im Krankenhaus ein Basisinterview durch eine geschulte Psychologin statt. Symptome der Depression werden vom Patienten selbst mit dem Beck Depressionsinventar beurteilt. Darüber hinaus werden soziodemographische Informationen (z.B. Familienstand, Lebenssituation, Schulbildung, Beruf), Informationen zu früheren psychischen Erkrankungen und deren Behandlung, Lebensstil wie Rauchen, Alkoholkonsum, Ernährung, körperliche Aktivität, körperliche Komorbiditäten und gesundheitsbezogene Lebensqualität erhoben. Basiserhebungen zu kognitiven und perzeptiven Funktionen sowie der Handgreifkraft werden durgeführt. Informationen zur Krankheitsgeschichte, stationären Therapien und Pharmakotherapie werden nach Entlassung des Patienten aus der Patientenakte erhoben.
Während des Krankenhausaufenthalts wird den Studienteilnehmern etwa 30 ml Blut abgenommen. Die Blutproben werden im BKH Augsburg verarbeitet und in Probenröhrchen aliquotiert und danach bei-80° C eingefroren. Serum- bzw. Plasmakonzentrationen werden für Psychopharmaka bestimmt. Darüber hinaus werden eine native und eine stabilisierte Stuhlprobe und 20 ml Urin gesammelt. Die Bioproben werden im Biorepository des Lehrstuhls für Epidemiology gelagert.
Nach dem Krankenhausaufenthalt werden die Studienteilnehmer regelmäßig zu Nachuntersuchungen im BKH Augsburg eingeladen (nach 3, 6 und 12 Monaten und danach jährlich), bei denen sie in einem Interview Auskunft über den Verlauf ihrer Erkrankung, Behandlung, medizinische Versorgung, Medikamente geben, Fragebögen zu depressiver Symptomatik, Lebensqualität, und körperlicher Aktivität ausfüllen sowie Tests zu kognitiven und perzeptiven Funktionen und Handgreifkraft durchlaufen. Zudem erfolgt eine Blutabnahme zur Bestimmung des Medikamenten-Wirkstoffspiegels. Die Ergebnisse werden dem weiterbehandelnden Arzt des Patienten mitgeteilt, um gegebenenfalls eine Dosisanpassung zu ermöglichen.
Wie wird die Vertraulichkeit der Daten gewährleistet?
Selbstverständlich werden die ärztliche Schweigepflicht und die Bestimmungen der DSGVO eingehalten. Ihre persönlichen Daten, d.h. Ihr Name, Ihre Anschrift, Telefonnummer und Email-Adresse, werden am Lehrstuhl für Epidemiologie - getrennt von den wissenschaftlichen Daten - gespeichert und nicht weitergegeben. Ein Zugriff auf die Personendaten erfolgt nur durch wenige, besonders autorisierte Mitarbeiter des Lehrstuhls für Epidemiologie (Mitarbeiter des Studiensekretariats und des Datenmanagements), falls weitere oder fehlende medizinische Daten aus Ihren Krankenunterlagen ergänzt werden müssen oder um erneut mit Ihnen in Kontakt zu treten. Alle sonstigen am Projekt beteiligten Personen können Ihre medizinischen Daten nicht mit Ihren Personendaten in Verbindung bringen.
Ihre wissenschaftlichen Daten werden mittels eines Verschlüsselungscodes verschlüsselt (pseudonymisiert), d.h. sie werden ohne Name und Anschrift am Lehrstuhl für Epidemiologie gespeichert. Auch Ihre Biomaterialien werden unter einer Verschlüsselungsnummer (pseudonymisiert), die keinen Rückschluss auf Ihre Person ermöglicht, am Lehrstuhl für Epidemiologie gelagert.
Die Speicherung Ihrer Daten und Lagerung Ihrer Biomaterialien erfolgt unter standardisierten Qualitäts- und Sicherheitsbedingungen und werden nach dem aktuellen Stand der Technik vor unbefugtem Zugriff gesichert. Die Daten werden nach Ablauf der festgelegten Nutzungsdauer gelöscht, und die dann noch vorhandenen Biomaterialien werden vernichtet.
Wer darf Ihre Daten und Biomaterialien nutzen und welche Voraussetzungen gelten dafür?
Voraussetzung für die Gewinnung und Nutzung Ihrer Daten und Biomaterialien zu Forschungszwecken ist Ihre schriftliche Einwilligung. Die Einwilligung zur Studie besteht aus einzelnen Bausteinen, so dass es für Sie möglich ist, an einzelnen Teilen der Studie nicht teilzunehmen. Sie können z. B. genetische Untersuchungen an Ihren Biomaterialien verneinen. Mit Ihrer Einwilligung zur Studienteilnahme übergeben Sie der Projektleitung das Nutzungsrecht an den Daten und Biomaterialien. Ihre Einwilligung ist freiwillig und kann jederzeit mündlich oder schriftlich widerrufen werden.
Ihre Daten und Biomaterialien dürfen nur für konkrete biomedizinische oder epidemiologische Forschungsfragestellungen auf Antrag verwendet werden. Alle von Wissenschaftlern beantragte Projekte unterliegen den gültigen Datenschutzgesetzen und benötigen eine positive Prüfung durch die Projektleiter.
Eine Prüfung der Vorgehensweise in der Studie ist durch die zuständigen Datenschutzbeauftragten der Ludwig-Maximilians-Universität München bzw. des Universitätsklinikums Augsburg sowie durch die Ethikkommission der Ludwig-Maximilians-Universität München erfolgt.