Rapha Hoffmann: Die Spezifik von Literatur im Danach
Literarische Einschreibungen nach der Shoah
»Ein Buch von der Angst schreiben. Todesangst und Lebensangst, Angst, morgen zu sterben, und Angst, morgen den ganzen Tag am Leben zu bleiben«
Grete Weil, Meine Schwester Antigone
Ein Zitat, an dessen statt andere prägnante wie erschütternde gesetzt werden könnten, nicht nur von Grete Weil. Doch gerade von ihr ausgehend, markiert es das Vorhaben beim Wort zu nehmen und an Erkenntnis zu gewinnen. »Meine Schwester Antigone« von Grete Weil und »Bronsteins Kinder« von Jurek Becker werden induktiv zum Beispiel genommen und Befunde stützend ergänzt mit bekannten und weniger bekannten Erzähltexten, die Ver- und Bearbeitung von Erfahrungen mit der Shoah kennzeichnen.
Der Ansatz – Literarische Einschreibungen nach der Shoah – versucht die Prägung der Literatur durch die Shoah als zentrales und vor allem einschneidendes Ereignis des 20. Jahrhunderts zu begreifen, ohne verallgemeinernd mit einzelnen Erzähltexten zu verfahren. Das Dissertationsprojekt nimmt dabei Abstand von der verbreiteten, fast schon kanonisierten literaturwissenschaftlichen Annahme, Literatur der gewesenen DDR und der alten BRD seien konstitutiv in jeder Hinsicht allzu verschieden. Ausgehend von Erzähltexten, die einerseits die Jahrzehnte der DDR und andererseits die der BRD nach der militärischen deutschen Niederlage in der erzählten Zeit umfassen, wird von der Rückbindung an das historische Ereignis ausgegangen, der Shoah. So soll ein literarischer Zugriff im Danach auf das entwickelt werden, was nicht unbegründet »Zivilisationsbruch« genannt wird.