Dr. Daniel Baumann
Dr. Daniel Baumann ist Amtsleiter des Stadtarchiv München
Wie sind Sie zum Fach Geschichte gekommen?
Mein Interesse an Geschichte wurde schon als junger Schüler geweckt, meiner Erinnerung nach durch das exzessive Lesen der Comicgeschichten über die Gallier Asterix und Obelix und ihren Widerstand gegen die Römer.
Geschichte wurde mein Lieblingsfach in der Schule und das Lesen historischer Romane eine bis heute geliebte Freizeitbeschäftigung.
Mein besonderes Interesse an der Antike blieb über die Jahre bestehen, weshalb ich neben Neuerer und Mittlerer Geschichte im Hauptfach auch Alte Geschichte im Nebenfach studierte, obwohl mir die notwendigen Latein- und Altgriechisch Kenntnisse fehlten. Die Sprachkenntnisse musste ich mir daher während meines Studiums in München und Heidelberg aneignen.
Welche Qualifizierungen und Initiativen während des Studiums waren wichtig für die spätere Berufswahl?
Wie können sich Geschichtsstudierende auf mögliche spätere Berufsfelder vorbereiten?
Ich rate jedem Studierenden der Geschichtswissenschaft, durch viele Praktika möglichst viele verschiedene Berufsfelder kennenzulernen. Nur in der Praxis lässt sich erfahren, wo die eigenen beruflichen Interessen und Stärken liegen, aber auch, welche Berufe dem eigenen Profil weniger entsprechen.
So wusste ich nach einem mehrwöchigen Praktikum bei einer Tageszeitung sehr genau, dass meine berufliche Zukunft sicherlich nicht im Journalismus liegen wird, während dagegen ein Praktikum beim Archiv des Deutschen Roten Kreuzes in München mir eine gute Vorstellung von der Archivarbeit vermittelte und ein dauerhaftes Interesse an diesem Berufsfeld weckte.
Wie sind Sie zu dieser Tätigkeit gekommen?
Neben dem Praktikum im Archiv des Deutschen Roten Kreuzes während meines Studiums besuchte ich während meiner Promotion eine Veranstaltung der Universität Heidelberg über Berufsfelder für Geisteswissenschaftler, auf der ein Kollege aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg die spannenden und vielseitigen Tätigkeiten im Archiv vorstellte.
Nachdem ich auch für meine Dissertation in verschiedenen Archiven in England geforscht hatte, bewarb ich mich nach meiner Promotion an der Universität Augsburg in mehreren Bundesländern für ein Archivreferendariat. Nach der Zusage des Niedersächsischen Landesarchivs absolvierte ich meine praktische Ausbildung am Staatsarchiv Osnabrück und die theoretische an der Archivschule in Marburg.
Meine erste Stelle trat ich als Archivar der Universität und der Hochschule in Osnabrück an, bevor ich knapp zwei Jahre später an das Stadtarchiv München wechselte.
Worin besteht genau Ihre Aufgabe im Beruf? Wie sieht der konkrete Arbeitsalltag aus?
Als wissenschaftlicher Archivar hat man ein vielseitiges Tätigkeitsspektrum: Die vielleicht wichtigste Aufgabe ist die Überlieferungsbildung, das heißt die Übernahme von Verwaltungsunterlagen aus den zu betreuenden Behörden und das Sammeln von privatem Schriftgut. Archivar*innen entscheiden also darüber, was dauerhaft verwahrt wird und damit die Chance hat, in das kollektive Gedächtnis einer Gesellschaft einzugehen. Daneben sorgen sie in Zusammenarbeit mit anderen Fachkräften für die Zugänglichmachung der archivierten Unterlagen und deren dauerhaften Erhalt.
Eine weitere Aufgabe ist es, Benutzer*innen zu beraten und ihnen den Weg zu den gesuchten Quellen im Archiv zu weisen. Weil Archivar*innen über einen direkten Zugang zu den Archivalien verfügen, gehören auch eigene wissenschaftliche Forschungen zum Tätigkeitsspektrum. Und schließlich sind wissenschaftliche Archivar*innen zumeist Führungskräfte in den öffentlichen Archiven und müssen daher personelle und fachliche Leitungsaufgaben übernehmen.
Im Stadtarchiv München habe ich zunächst den Aufbau eines digitalen Archivs verantwortet, das seit 2016 elektronische Informationen, zum Beispiel elektronische Akten oder Datenbankinhalte, dauerhaft erhalten und Benutzer*innen zugänglich halten kann.
Seit eineinhalb Jahren nun leite ich das Stadtarchiv München. Als Leiter eines der größten Kommunalarchive Deutschlands bleibt nur noch wenig Zeit für die fachliche Arbeit. Im Vordergrund steht heutzutage die strategische Ausrichtung des Stadtarchivs und seine Vertretung in verschiedenen Gremien und in der Öffentlichkeit.
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