Dr. Sarah Scholl-Schneider
Dr. Sarah Scholl-Schneider, Stellvertretende Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz
Wie sind Sie zum Fach Geschichte gekommen?
Tatsächlich bin ich erst nach meinem Studium zum Fach Geschichte gekommen – beziehungsweise das Fach zu mir. Ich habe einen Magister in Politikwissenschaft und im Anschluss eine Promotion in der vergleichenden Kulturwissenschaft. Durch meine Studienjahre zog sich wie ein roter Faden mein Interesse an Migrationsthemen, aber vor allem an der Methode des qualitativen Interviews.
So kam es, dass ich über ein Projekt der Bayerischen und Schwäbischen Landesgeschichte der Universität Augsburg biografische Interviews mit sudetendeutschen Vertriebenen führen durfte – eine ganz spannende Erfahrung. Um möglichst viele Menschen zu sprechen, sollten auch die Studierenden qualifiziert werden, diese oftmals sehr langen, intensiven und technisch aufwändigen Interviews zu führen.
Im Sommersemester 2008 habe ich meine erste Übung gegeben, ich kann mich noch genau an den Titel erinnern: „Leben erzählen. Planung, Durchführung und Analyse biografischer Interviews“. Durch die vielen Gastvorträge, Kolloquien und gemeinsamen Projekte der Augsburger Historikerinnen und Historiker bin ich nach und nach immer mehr zur Geschichte gekommen. Auch in Mainz habe ich als Nicht-Historikerin schon mal einen Lehrauftrag am historischen Institut gehabt. Die Oral History ermöglicht ganz wunderbar einen Zugang zu Geschichte über Fächergrenzen hinweg.
Welche Qualifizierungen und Initiativen während des Studiums waren wichtig für die spätere Berufswahl? Wie können sich Geschichtsstudierende auf mögliche spätere Berufsfelder vorbereiten?
Die Antwort mag etwas merkwürdig klingen, aber mir persönlich war es immer eine wichtige Lehre zu erfahren, was ich NICHT mein Leben lang machen möchte. Je mehr Praktika und Nebenjobs ich hatte, desto klarer hat sich für mich herauskristallisiert, wo meine Stärken liegen, aber vor allem auch meine Motivation. Das sind bis heute die Neugier Menschen gegenüber und die große Lust am Lesen und am Schreiben – gepaart mit komplementären Aufgaben im Organisations- und Verwaltungsbereich.
Geholfen haben mir ganz immens – ob institutionalisiert oder privat entstanden – Mentoringstrukturen. Schwierige Entscheidungen nicht allein, sondern mit Hilfe von erfahrenen ‘Vorbildern’ treffen zu können, sich mal was ‘abgucken’ zu dürfen, in geschütztem Rahmen das eigene Handeln zu reflektieren – das hat mir vielfach einiges erleichtert.
Wie sind Sie zu dieser Tätigkeit gekommen?
Meine Juniorprofessur in Mainz lief perspektivisch aus, ich war Anfang 40 und hatte wenig Lust, nochmal mit Familie woanders zu beginnen. Das hatten wir schon zu oft und fühlten uns gerade gut in der Stadt angekommen. So habe ich begonnen, über Alternativen jenseits der Wissenschaft nachzudenken und eine Stellenausschreibung gesehen, die mich schon 20 Jahre vorher gereizt hätte – nur war ich eben, wie es oft in der Wissenschaft ist, einen ganz anderen Weg gegangen, der von vielen Zufällen geprägt war.
Bei der Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch habe ich schon gemerkt, wie passgenau meine Erfahrungen hier sind. Fördern, Vernetzen, Vermitteln, das alles hatte ich in der Wissenschaft auch schon gemacht, aber dort fehlte mir hier und da das, was der Soziologe Hartmut Rosa als Resonanz beschreibt. Die Relevanz der politischen Bildung liegt auf der Hand. Als ich schließlich das Angebot bekam und gleichzeitig die sichere Perspektive eines Verbleibens in der Wissenschaft bestand, habe ich mich mit der Entscheidung nicht schwergetan – und es bis heute nicht bereut.
Worin besteht genau Ihre Aufgabe im Beruf? Wie sieht der konkrete Arbeitsalltag aus?
Meine Aufgaben sind ganz vielfältig, und das gefällt mir sehr. Zum einen bin ich als stellvertretende Direktorin der Landeszentrale in Grundsatzfragen eingebunden, übe auch repräsentative Tätigkeiten aus und habe vor allem sehr, sehr viel Verwaltungsaufgaben. Besonders spannend finde ich das weite Feld der Organisationsentwicklung.
Zum anderen leite ich eins von vier Referaten in der LpB. Hier beschäftigen wir uns im Team mit Fragen der Demokratiebildung und Partizipation, vor allem entwickeln wir Angebote für junge Menschen. Wir schreiben gemeinsam mit dem Landtag zum Beispiel jährlich einen Schüler- und Jugendwettbewerb aus, haben die Landeskoordination für das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ oder vermitteln im Land unseren „Dauerbrenner“, die Argumentationstrainings gegen Stammtischparolen.
Und schließlich liegen auch noch ein paar Themen direkt bei mir – zu den Landtagswahlen kümmere ich mich um den landespezifischen Wahl-o-Mat, den wir mit der Bundeszentrale für politische Bildung erstellen, bei anderen Wahlen geben wir beispielsweise Broschüren – z.B. auch in leichter Sprache – heraus oder bieten die unterschiedlichsten Veranstaltungen an. Ich habe aber auch schon Studienreisen organisiert oder eine Tour mit einem riesigen Demokratiemobil durchs gesamte Bundesland. Der Kontakt mit den Menschen ist immer bereichernd und es macht Spaß, unsere tollen Publikationen unter die Leute zu bringen.
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