Katrin Grün
Katrin Grün ist Studiendirektorin bei der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung (ALP) Dillingen
Wie sind Sie zum Fach Geschichte gekommen?
Ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert. In der Schule habe ich das Fach auch als Leistungskurs belegt. Meine damalige Lehrerin verstand es ausgezeichnet, deutlich zu machen, dass Geschichte letztlich immer auf menschliches Handeln zurückzuführen ist. So konnte sie auch vermeintlich trockenen Stoff wie das Revolutionsjahr 1848 schülernah vermitteln. Das hat nicht nur mein Interesse an der Materie geweckt, sondern mich schließlich auch dazu inspiriert, selbst Lehrerin zu werden.
Gleich zu Beginn meines Studiums musste ich feststellen, dass es auf meiner ‘Geschichtslandkarte’ aber noch so einige blinde Flecken und viele Epochen gab, von denen ich allenfalls eine sehr vage Vorstellung hatte. Ich habe mich aber immer gerne in diese neuen Themenfelder eingearbeitet und meine selbst gewählten Schwerpunkte, Römische Antike und Frühe Neuzeit, bis zum Examen beibehalten. Nur zur Regionalgeschichte habe ich als ‘Zugereiste’ nie mehr als einen oberflächlichen Zugang gefunden - und das, obwohl Augsburg in dieser Hinsicht eigentlich viel zu bieten hat!
Welche Qualifizierungen und Initiativen während des Studiums waren wichtig für die spätere Berufswahl?
Ein wichtiger ‘Meilenstein’ war für mich die Zwischenprüfung, die wir damals noch vor dem Wechsel vom Grundstudium ins Hauptstudium ablegen mussten. Diese Prüfung hatte eine gewisse Verbindlichkeit und schon zu einem relativ frühen Zeitpunkt eine Intensivierung meines Selbststudiums zur Folge. Da ich in einem Nichtakademikerhaushalt aufgewachsen bin, wusste ich zu Beginn des Studiums nicht so genau, was mich erwartet bzw. was von mir erwartet wird. Die Zwischenprüfung hat mir Klarheit gegeben, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Ansonsten war ich durch meinen Studiengang und die Aussicht auf das Staatsexamen schon sehr früh auf meinen späteren Beruf festgelegt und habe die Universität immer als notwendigen Schritt dorthin empfunden. Was ich aber für meine eigene Lehrtätigkeit mitgenommen habe, ist die Erkenntnis, dass es weniger am Thema selbst liegt, ob der berühmte ‘Funke’ überspringt, als vielmehr an der Begeisterung der oder des Lehrenden für das Thema. Gerne erinnere ich mich an ein Blockseminar über den Untergang des Römischen Reiches in Sion oder auch an einige Vorlesungen über das Mittelalter, die den Bogen von weit zurückliegenden Ereignissen zur heutigen Zeit oder zu menschlichen Befindlichkeiten im Allgemeinen spannten.
Wie können sich Geschichtsstudierende auf mögliche spätere Berufsfelder vorbereiten?
Als Medienpädagogin sehe ich, dass sich die rasante Entwicklung der technischen Möglichkeiten auch auf das Berufsfeld der Historikerinnen und Historiker auswirken wird – und bereits auswirkt. Das kann Fluch und Segen zugleich sein: Während uns beispielsweise die KI bei der Analyse von Quellen und Daten bald alt aussehen lassen wird, bieten umfangreiche digitalisierte Sammlungen heute einen hervorragenden Zugang zu Originaldokumenten und Zeitzeugenberichten – um nur zwei Beispiele zu nennen. Die Auseinandersetzung mit Möglichkeiten (und Grenzen) der sogenannten ‘neuen’ Medien sollte sich im Interesse der Studierenden stärker als bisher in der universitären Lehre niederschlagen.
Davon unbenommen brauchen wir Historikerinnen und Historiker in unserer Gesellschaft, um ein ‘historisches Grundverständnis’ in allen Bevölkerungsschichten auszubilden und zu erhalten und um aktuelle Ereignisse einzuordnen. Dazu braucht es starke Persönlichkeiten, die auch Gegenwind aushalten und sich nicht hinter ihren Büchern verstecken! Deshalb wünsche ich mir, dass Studierende schon während ihres Studiums die Begegnung mit anderen Menschen suchen – zum Beispiel im Rahmen eines Ehrenamtes. So kann man auch gleich ausprobieren, ob man sein an der Universität erworbenes Wissen gut vermitteln kann.
Wie sah Ihr beruflicher Werdegang nach Abschluss des Studiums aus?
Nach dem Studium absolvierte ich mein Referendariat. Nach der vertieften Auseinandersetzung mit einzelnen Themenfeldern während des Studiums war plötzlich ein breites Überblickswissen (und dessen Vermittlung) gefragt – etwas, von dem ich mir im Nachhinein wünschen würde, dass es zumindest für Lehramtsstudierende schon während des Studiums eine größere Rolle gespielt hätte.
Danach war ich viele Jahre an einem Gymnasium im Süden Augsburgs tätig, wo ich mit großer Leidenschaft Englisch und Geschichte unterrichtete. Schon früh sah ich in den digitalen Medien eine spannende Ergänzung zum traditionellen Unterricht und habe mit meinen Schülerinnen und Schülern in diesem Bereich viel ausprobiert. Meine Begeisterung für diese Themen blieb nicht unbemerkt und so habe ich zunehmend auch Kolleginnen und Kollegen, insbesondere zum Einsatz digitaler Medien im Fachunterricht, fortgebildet.
Inzwischen bin ich hauptberuflich als Referentin in der staatlichen Lehrerfortbildung tätig. In den letzten Jahren habe ich im Bereich eLearning gearbeitet und gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen Online-Angebote für bayerische Lehrkräfte entwickelt. Seit kurzem darf ich mich der Qualitätsentwicklung in der Lehrkräftefortbildung widmen und entwickle dafür gerade ein Konzept zur Weiterbildung von Referentinnen und Referenten. Um trotzdem mit historischen Themen ‘in Kontakt’ zu bleiben, habe ich im Sommersemester 2024 einen Lehrauftrag an der Universität Augsburg übernommen, und zwar zum Thema – wie könnte es anders sein – “Digitale Medien im Geschichtsunterricht”.
Was haben Sie aus Ihrem Geschichtsstudium für Ihren Arbeitsalltag mitgenommen?
Auch wenn mein Arbeitsalltag im Moment wenig ’historische Bezüge’ bietet, kann ich mich nach wie vor für historische Orte begeistern und freue mich sehr, mit der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen einen Arbeitsplatz an einem solchen Ort gefunden zu haben. Ich freue mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich die schönen historischen Räume betrete, einen Abstecher in die wunderbare Bibliothek (zum Beispiel im Rahmen einer Hausführung) mache oder einen Blick in die über Jahrhunderte gewachsene naturwissenschaftliche Sammlung werfen darf, die der Öffentlichkeit leider nicht zugänglich ist. Alles hier atmet Geschichte, und das genieße ich!
Außerdem hat mich mein Studium an der Universität Augsburg gelehrt, nicht darauf zu warten, dass mir Wissen auf dem Silbertablett serviert wird. Ich kann mich selbstständig und schnell in verschiedenste Themen einarbeiten und sehr gezielt recherchieren. Ich bin mir sicher, dass mein Geschichtsstudium wesentlich zur Entwicklung dieser für mich sehr wichtigen Kompetenzen beigetragen hat!
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