Geschichte und Bedeutung des Fischereihafens von Akko

Beitrag von Ulrike Renz-Smietana

 

Dem heutigen Betrachter mag der Fischereihafen der Stadt Akko kaum spektakulär erscheinen, sondern vergleichbar mit zahlreichen anderen kleinen Häfen entlang der Mittelmeerküste. Doch in der Vergangenheit war Akko über viele Jahrhunderte eine der bedeutendsten Hafenstädte der Levanteküste: Gelegen an einer natürlichen Bucht, die Schutz vor starken Nord- und Westwinden bot, war Akko schon in Bronzezeit und Antike ein wichtiger Handelshafen und blieb es auch im Mittelalter bis zum Abzug der Kreuzfahrer aus dem Heiligen Land.

 

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Abb. 1: Der Fischereihafen von Akko.

 

Dementsprechend war die Stadt Akko als strategisch wichtiger Ort immer wieder stark umkämpft: Ägypter, Römer, Araber und Kreuzfahrer eroberten Akko mitsamt dem Hafen und verloren die Stadt wieder. Auch Napoleon versuchte sich daran – und scheiterte. Einer Legende zufolge, die unter arabischen Einwohnern Akkos kursiert, ließ Napoleon am Ende seiner erfolglosen Belagerung voller Frust seinen Hut mit Hilfe einer Kanone in die Stadt schießen, damit es wenigstens einem Teil von ihm gelänge, in Akko einzudringen. Danach verließ er eilig den Ort seiner Schmach.

 

Heutzutage ist Akkos Hafen wirtschaftlich und militärisch nicht mehr von Bedeutung, doch die zahlreichen historischen Bauten und archäologischen Funde erzählen von der bewegten Vergangenheit des Hafens.

 

 

Die frühe Geschichte

Akkos älteste Siedlung datiert in die frühe Bronzezeit und befand sich östlich der heutigen Stadt. Diese Siedlung war zunächst rein landwirtschaftlich geprägt, Hinweise auf Seehandel finden sich nicht. Urbane Strukturen sind ab der mittleren Bronzezeit (ca. 2000 v. Chr.), vorhanden. Zu dieser Zeit lassen sich durch archäologische Funde bereits rege, maritime Handelstätigkeiten in Akko nachweisen, eine wichtige Handelsstraße führte von Akko aus in den Osten. Mehrere Schriftquellen zeugen von der Bedeutung Akkos und seines Hafens in der mittleren Bronzezeit, die älteste, schriftliche Erwähnung findet sich wahrscheinlich in ägyptischen Ächtungstexten aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. Im weiteren Verlauf des 2. Jahrtausends v. Chr. lässt sich ägyptischen und ugaritischen Texten entnehmen, dass Akko enge Beziehungen zu Ägypten unterhielt, auch wenn die Stadt selbst zunächst offenbar nicht unter ägyptischer Herrschaft stand. Der Hafen war für die ägyptischen Pharaonen nicht nur wegen des Handels von Bedeutung, sondern wurde von diesen auch militärisch genutzt: Pharao Ramses II. (um 1303–1213 v. Chr.) eroberte Akko, ließ die Stadt dabei sogar zerstören, wie auf einem Relief in Karnak dargestellt, und nutzte den Hafen dann als Stützpunkt für seine königliche Militärflotte. Akkos Hafen diente ebenso als wichtigster Umschlagplatz für das ägyptische Getreide, das in die Levante geliefert wurde.

 

Ab 1100 v. Chr. änderten sich die Machtverhältnisse: Der ägyptische Einfluss nahm ab, stattdessen kämpften regionale israelitische und kanaanitische Gruppen um die Herrschaft über Akko und seiner Umgebung. Auch im 1. Jahrtausend v. Chr. blieb es weiterhin turbulent: Wahrscheinlich herrschte König David kurzzeitig über Akko, die Stadt fiel dann aber in den folgenden Jahrhunderten an die Phönizier, danach an die Assyrer und wieder an die Phönizier, geriet unter persischen Einfluss und gehörte in hellenistischer Zeit schließlich zum Reich Alexanders des Großen. Unter diesen wechselhaften Herrschaftsverhältnissen scheint der Hafen von Akko zeitweise auch seine Bedeutung verloren zu haben, zumindest fehlen bis heute archäologische Belege für ausgedehnten Seehandel in dieser Zeit. Allerdings könnte sich dieses Bild des archäologischen Befundes in den nächsten Jahren im Zuge weiterer Ausgrabungen wieder ändern.

 

Ebenso ist unklar, wo sich der Hafen vor der hellenistischen Periode genau befand, und ob es bereits Hafenbauten wie Anlegestellen und Molen gab; entweder handelte es sich lediglich um einen Ankerplatz in der Bucht ohne Bauten oder die Hafenanlage ist mittlerweile so tief versandet, dass sie noch nicht gefunden werden konnte.

 

 

Neue Stadt - neuer Hafen: Von hellenistischer bis in römische Zeit

Nach dem Tod Alexanders des Großen eroberte Ptolemäus I. Akko und zerstörte die Stadt so schwer, dass ein Aufbau offenbar nicht mehr lohnte. Ptolemäus ließ weiter westlich eine neue Stadt errichten, genau an der Stelle des heutigen Akko, und nannte sie „Ake-Ptolemais“.

 

Wahrscheinlich wurde im Zuge dessen der Hafen verlegt, an die Stelle des heutigen Fischereihafens. Wie neue Ausgrabungen zeigen, wurden in dieser Zeit die ersten festen Hafenbauten des heutigen Fischereihafens errichtet. Auch ein früher Wachtturm, auf dessen Grundmauern der spätere Fliegenturm erbaut wurde, stammt wohl aus dieser Periode.

 

Der Hafen Akkos erlebte also in hellenistischer Zeit eine erneute Blüte, die auch in römischer Zeit anhielt: Seit der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. gehörte Akko zum Römischen Reich und wurde bald zum wichtigen Handelshafen, in dem große Mengen Luxusgüter aus dem Mittelmeerraum umgeschlagen wurden, unter anderem Glaswaren, die in Akko selbst hergestellt wurden. In römischer Zeit wurde die Hafenbefestigung weiter ausgebaut und ebenso die Stadt als Handelszentrum. Funde von Amphoren aus dem Hafenbecken zeigen die weitreichenden Handelsbeziehungen von Akko in dieser Zeit, die bis nach Nordafrika, ins Schwarze Meer und nach Frankreich reichten. Der Hafen, geschützt durch die südliche Mole, konnte von Schiffen mit einem Tiefgang von bis zu 2,50 m angelaufen werden, vollkommen ausreichend für damalige Schiffe mittlerer Größe.

 

 

Wirren des Mittelalters: Arabische Herrschaft und Kreuzfahrer

Nach der Teilung des Römischen Reiches stand Akko unter der Herrschaft von Byzanz, bis zur arabischen Eroberung im Jahr 636 n. Chr. Unter der Herrschaft der Umayyaden wurde der Hafen wichtig als Flottenstützpunkt und Werft. Dabei kam es in mehreren Kriegen zu Zerstörung und Wiederaufbau Akkos und des Hafens, so dass Stadt und Hafen stark befestigt wurden.

 

Dann verschlammte offenbar das innere Hafenbecken. Die Einfahrt des Hafens war einige Zeit, wahrscheinlich zwischen der südlichen Mole und dem Fliegenturm, durch eine lange Kette versperrt, wie der arabische Geograph al-Muqaddasi bei seinem Besuch in Akko Ende des 10. Jahrhunderts n. Chr. berichtet.

 

Gut ein Jahrhundert später tauchte das Kreuzfahrerheer im Heiligen Land auf. Akkos hervorragend vor jeglicher Witterung geschützte Hafen war für den Nachschub des Kreuzfahrerheeres und des neugegründeten Königreichs Jerusalem von immenser Bedeutung. Balduin I. gelang es im Jahre 1104, die Stadt zu erobern. Einige unbedarfte Teilnehmer des 1. Kreuzzuges sorgten in Akko aber nicht nur für Zerstörung, sondern auch für Verwirrung: Sie verwechselten die Stadt Akko mit der Philisterstadt Ekron. Ekrons Gottheit Beelzebub wird auch als Herr der Fliegen bezeichnet. Wie der Jerusalempilger Magister Thietmar in seinem Reisebericht aus dem 13. Jahrhundert erklärt, erhielt der große Wachtturm in der Hafeneinfahrt aufgrund dieser Verwechslung den Namen „Turm der Fliegen“.

 

Unter der Herrschaft der Kreuzfahrer wurde Akko zum wichtigsten Hafen des Königreichs Jerusalem, nicht nur für den Fernhandel, sondern auch als militärischer Stützpunkt. Akko war schließlich eine der reichsten Hafenstädte des Mittelmeeres. Der Hafen galt als Eintrittstor ins Heilige Land für Menschen und Waren aus Europa. Dementsprechend belegen die archäologischen Funde von Gold und Luxuswaren im Hafenbecken auch die Reichtümer, die zur damaligen Zeit aus Europa in Akko eintrafen.

 

Nach dem Niedergang der Kreuzfahrerstaaten im 13. Jahrhundert war Akko der letzte Stützpunkt, den die Kreuzfahrer noch besetzt hielten, doch im Jahre 1291 verloren sie die Stadt an die Mameluken. Der Hafen als Eingangstor wurde somit auch zum Ausgangstor für die Kreuzfahrer.

 

Die Mameluken zerstörten die Stadt und blockierten den Hafen, um eventuell zurückkehrende Kreuzfahrer an dessen Benutzung zu hindern. In den folgenden Jahrhunderten blieb Akko und der Hafen zum großen Teil verlassen, doch Reise- und Pilgerberichte und archäologische Funde belegen, dass der Hafen in dieser Zeit weiterhin genutzt wurde, beispielsweise als Umschlagplatz für Baumwolle, auch von Händlern aus Europa, die in der zerstörten Stadt Lagerhäuser unterhielten. Aus dem 15. Jahrhundert stammt eine hölzerne Konstruktion vor der Hafeneinfahrt (heutzutage unter Wasser), die wahrscheinlich als Anlegestelle für große Handelsschiffe diente.

 

Ab dem 16. Jahrhundert stand Akko unter osmanischer Herrschaft und wurde im 18. Jahrhundert wiederaufgebaut. Der Hafen und damit auch der Handel wurden wiederbelebt, so dass der Hafen kurzzeitig eine erneute Blütezeit erlebte, die Napoleon zu seinem misslungenen Versuch bewog, Akko zu erobern.

 

Erst im 19. Jahrhundert, mit dem Aufkommen der Dampfschifffahrt, verlor der Hafen endgültig seine Bedeutung, da moderne Schiffe mit ihrem großen Tiefgang im Hafen nicht anlegen können. Seither wird er als kleiner, regionaler Fischerei- und Jachthafen genutzt und bietet dem Besucher ein so friedliches Bild, wie sicherlich kaum jemals zuvor in seiner bewegten Vergangenheit.

 

 

Quellen

  • Thietmar: Pilgrimage. In: Pilgrimage to Jerusalem and the Holy Land 1187 - 1291. Crusade Texts in Translation 23, hrsg. und komm. von Denys Pringle, Aldershot 2012, S. 95 - 134.
  • Henty, George Alfred: At Aboukir and Acre. A Story of Napoleon's Invasion of Egypt. London 1899.

 

 

Literatur

  • Dumper, Michael: Acre. In: Dumper, Michael/ Stanley, Bruce E. (Hrsg.): Cities of the Middle East and North Africa. A Historical Encyclopedia. Santa Barbara/ Denver/ Oxford 2007, S. 3 - 7.
  • Fürst, Heinrich: Im Land des Herrn. Ein Pilgerführer für das Heilige Land. Paderborn 20093.
  • Galili, Ehud et al.: The Evolution of Akko Harbor and ist Mediterranean Maritime Trade Links. In: Journal of Island & Coastal Archaeology, 5 (2010), S. 191 - 211.
  • Galili, Ehud et al.: New insights on Maritime Akko revealed by underwater and coastal archaeological research. The Israeli Society for Aquatic Sciences (IAAS), Fourth annual meeting, (30.5.2007), Haifa University, S. 69-79.
  • Patai, Raphael: The Children of Noah. Jewish Seafaring in Ancient Times. Princeton 19993.

 

 

Internetressourcen

 

 

Abbildungen

Abb. 1: Der Fischereihafen von Akko. By AVRAM GRAICER [CC BY-SA 3.0  (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons
(17.07.2018).

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