Jerusalem - Ein jüdisch-christlicher Erinnerungsort: Davidsgrab, Abendmahlssaal und die Synagoge für die Märtyrer des Holocausts

Beitrag von Johanna Zill

 

Davidsgrab 

Die angebliche Grabstätte des alttestamentlichen König David, der über Israel und Juda herrschte, befindet sich auf dem Berg Zion in Jerusalem. Für das Judentum ist sie eine bedeutsame heilige Stätte, wenngleich ihre Authentizität zu bezweifeln ist. Israel erfuhr nie eine größere Blütezeit, als unter der Herrschaft König Davids – politisch unabhängig und ein großes, geeintes Territorium.

 

Schenkt man der Bibel glauben, so ist anzunehmen, dass David gleich den anderen Königen von Juda in der knapp einen Kilometer weiter östlich gelegenen Davidsstadt, dem ältesten besiedelten Teil Jerusalems, begraben wurde. Eine vermutlich in byzantinischer Zeit entstandene Tradition besagt, sein Grab befände sich in einem Bauwerk unweit der Dormitio-Kirche, in welcher Maria, die Mutter Gottes, im Kreise der Jünger Jesu verstorben sein soll. Hinter dieser Kirche befindet sich eine Statue von König David, die von den russischen Bildhauern Alexander Demin und Alexander Ustenko erstellt und am 7. Oktober 2008 der Öffentlichkeit übergeben wurde. Das Bauwerk, in dem sich das Davidsgrab befindet, steht an dem Ort, den die christliche Tradition mit dem letzten Abendmahl in Verbindung setzte. Man versuchte den „Messias“ zusätzlich durch dessen Abstammung von König David zu legitimieren. Vermutlich lässt sich so die räumliche Nähe zwischen dem Grabmal des Königs und dem Abendmahlsaal erklären.

 

Auch das Pfingstereignis, welches für die Christenheit ein zentrales Geschehnis darstellt, soll auf dem Berg Zion stattgefunden haben. Dieses Pfingstereignis fand in einem „Obersaal“ statt. So nahm man an, es sei derselbe Raum gewesen, in dem auch das letzte Abendmahl gefeiert wurde.

 

Das Grab befindet sich im unteren Stockwerk des Gebäudes. Das Grabmal hat die Form eines römischen Sarkophages; es ist in eine mit hebräischen Texten bestickte Decke gehüllt. Die Decke des Raumes, welcher der Tradition nach als Ort der Fußwaschung gilt, wird von zwei schweren quadratischen Pfeilern getragen. Die beiden hinteren Räume sind von Mauerwerk aus dem zweiten Jahrhundert umgeben; sie wurden allerdings vermutlich erst im 16. Jahrhundert abgeteilt. Dort steht auch das Kenopath Davids, welches von den Moslems im selben Jahrhundert aufgestellt wurde. Dahinter befindet sich eine vor rund 1700 Jahren errichtete, auf den Tempelberg ausgerichtete Apsis. Der Zugang zum Grab ist nach Geschlechtern getrennt.

 

Geschichte der Grabstätte

Zunächst entstand auf dem Berg Zion eine kleine Kirche, die an das letzte Abendmahl erinnerte. Im 4. Jahrhundert wurde darüber eine fünfschiffige Basilika erbaut, die „Hagia Sion“, welche allerdings im Zuge der Eroberung durch die Perser im Jahr 614 zerstört wurde. Nach der Eroberung der Stadt Jerusalem erneuerten die Kreuzfahrer die Zionskirche als dreischiffige Basilika, die aber 1219 wieder zerstört wurde. Im Jahr 1333 erhielten dann die Franziskaner von Sultan Malek en-Naser den Teil des Grundstücks, auf dem die frühchristliche Kirche stand. Die Königin von Neapel veranlasste die Errichtung eines zweistöckigen Gebäudes auf diese, welches eine Kapelle und den Abendmahlssaal umschloss. Die Franziskaner erwarben bis 1352 weitere Grundstücke auf dem Berg Zion. 1552 wurde der Orden dann von Süleyman I. von dort vertrieben. Als sich Juden und Christen um das Davidsgrab stritten, war es ebendieser Sultan, der es 1524 beschlagnahmte und in eine Moschee umwandelte, die dem „Propheten“ David gewidmet war. Seitdem es 1948 im Unabhängigkeitskrieg von Israel zurückerobert wurde, dient es wieder als Heiligtum der Juden.

 

Abendmahlsaal

Der Abendmahlssaal, lateinisch Coenaculum, ist der Raum, in dem Jesus Christus am Vorabend seiner Festnahme und Kreuzigung mit seinen Jüngern ursprünglich das jüdische Pessachmahl feierte, heute noch bekannt als Sederabend. Christen gedenken dieser letzten Zusammenkunft, die in der christlichen Tradition als letztes Abendmahl bezeichnet wird, am Abend des Gründonnerstags. In diesem Raum sollen sich die Jünger außerdem nach der Kreuzigung eingeschlossen und nach der Auferstehung den Friedensgruß von Jesus empfangen haben. Das Pfingstereignis, so nimmt man an, fand ebenfalls im Coenaculum statt. Der Saal befindet sich ein Stockwerk über dem Grabmal König Davids. Er wurde im 14.Jahrhundert von den Franziskanern in Erinnerung an das letzte Abendmahl errichtet. Unter seinem heutigen Fußboden finden sich ältere Fundamente aus der römischen und byzantinischen Epoche, sowie aus der Zeit der Kreuzfahrer. Das Rippengewölbe der Decke ist typisch für die zypriotische oder lusitanische Gotik. Die reich verzierte muslimische Gebetsnische, der Mihrab, wurde 1524 eingefügt - nach der Beschlagnahmung des Gebäudes durch Süleyman I.

  • Öffnungszeiten: Sa-Do 8.00-17.00, Fr 8.00-13.00 Uhr

 

Die Synagoge für die Märtyrer des Holocausts

 

„Die Synagoge von Yad Vashem wird als Ort des Gedenkens an die zerstörten Gebetsstätten des europäischen Judentums dienen. Sie wird ein Zeugnis sein für den unzerstörbaren Glauben, die reiche spirituelle Welt des europäischen Judentums und für den außergewöhnlichen Überlebenswillen des jüdischen Volkes, seinen Wunsch nach Erinnerung und Wiederaufbau.“

 

Das erklärte Avner Shalev, der Vorstandsvorsitzende der bedeutendsten Gedenkstätte, die an den nationalsozialistischen systematischen Völkermord an rund sechs Millionen Juden erinnert und diesen wissenschaftlich dokumentiert, vor der Eröffnung der Synagoge im Jahr 2005. Entworfen wurde sie vom Architekten Moshe Safdie und dem Innenarchitekturbüro Tamuz. Besucher können hier für Opfer des Holocausts das Kaddisch, eines der wichtigsten Gebete des Judentums,  sprechen, sich zum stillen Gebet einfinden oder sich in ihrer gemeinschaftlichen Atmosphäre einem traditionellen Minjan anschließen, einer Zusammenkunft von mindestens zehn erwachsenen Juden zu einer Lesung der Thora oder besonders wichtigen Gebeten.

 

Die Synagoge zeigt 31 verschiedene Judaica (Literatur über Judentum; jüdische Themen) aus zerstörten Synagogen Europas. Darunter befinden sich vier Thoraschreine, alle aus Rumänien, die mit Unterstützung des verstorbenen Prof. Nicolae Cajal, dem ehemaligen Vorsitzenden der „Vereinigung der Jüdischen Gemeinden in Rumänien“ mit Zustimmung der rumänischen Regierung nach Israel gebracht wurden. In der Synagoge befinden sich außerdem Ritualobjekte aus Polen, Griechenland, Transnistrien, Deutschland und der Slowakei.

  • Öffnungszeiten: So-Do: 9.00-17:00 Uhr, Fr: 9.00-14:00 Uhr, Sa geschlossen
  • Adresse: Har Hazikaron, P.O.B. 3477, Jerusalem, 9103401 Israel
  • Telefon: +972 2 6443400
  • Webseitewww.yadvashem.org

 

 

 

Literatur

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