Lviv
[poln. Lwów; jidd. Lemberg; russ. Львов, translit. L'vov]
Bericht und Foto von Maria Mühlbauer
Die Stadt Lviv liegt in der heutigen Ukraine, etwa 70 Kilometer östlich der polnischen Grenze und 160 Kilometer nördlich der östlichen Karpaten und ist die größte Stadt der Westukraine.
Lvov ab 1944
Mit der Rückkehr der Roten Armee im Juli 1944 wurde die Stadt zu einem Bestandteil der ukrainischen Sowjetrepublik. Die gesamte polnische Bevölkerung wurde gezwungen, die Stadt zu verlassen. Die „Westverschiebung“, die durch Stalins Bestrebungen beschlossen worden war, hatte zum Ziel, die polnische Bevölkerung Lvovs nach Polen zu deportieren. An ihre Stelle traten Ukrainer und viele Arbeiter und Staatsdiener der Sowjetunion. Auch die kulturellen Einflüsse, die die Stadt durch die polnische Zugehörigkeit erlangte, wurden weitestgehend beseitigt. Die Umstrukturierung der sozialen und ethnischen Stadtlandschaft war in Lvov in extremer Form vorhanden.
Vor dem Zweiten Weltkrieg war die Stadt primär polnisch-jüdisch; heute sind nur noch wenige Synagogen erhalten. Die jüdische Gemeinschaft im heutigen Lviv fördert einige Projekte zum Erhalt von jüdischen Kulturgütern. So wird zum Beispiel gefordert, dass die jüdischen Grabsteine, die während Sowjetzeiten als Baumaterial gedient haben, der Gemeinde zurückgegeben werden. Viele der Steine befinden sich heute in Privatbesitz; die Rückgabe stößt in der ukrainischen Bevölkerung jedoch nicht nur auf Zustimmung.
Die jüdische Bevölkerung wurde während der deutschen Besatzung weitestgehend ausgelöscht. Nach der Umsiedlung der Polen und dem Zuzug ukrainischer und sowjetischer Sympathisanten war die Sozialstruktur der Stadt komplett verändert. Vor allem Ende der 1940er und bis in die 1950er Jahre wurde seitens der bolschewistischen Führung eine Homogenisierung durchgeführt. Aus sowjetischer Perspektive war der Zeitraum der Sowjet-Ukraine eine Ära der Modernisierung und Technisierung Lvovs. 1989 ändert sich die Staatszugehörigkeit der Stadt nochmals, Lvov wurde zum ukrainischen Lviv.
NKVD Museum + Erinnerung an Sowjetzeit in Lviv
Das NKDV Museum in Lviv ist ein Ort, der für drei militärische Besetzungsphasen steht. Das Gebäude diente als politisches Gefängnis während der polnischen, der deutschen und der sowjetischen Okkupation. Unter der Führung des sowjetischen Geheimdienstes, dem NKDV, füllten sich die kleinen Zellen mit ukrainischen Unabhängigkeitskämpfer als Insassen. Während der sowjetischen Herrschaft wurde das heutige Museum als Untersuchungsgefängnis genutzt. Das ehemalige Gefängnis war ein Bestandteil des sowjetischen Repressionsapartes, wie er innerhalb der Sowjetunion an so vielen Orten vorkam. In den meisten Fällen führte der Weg der Gefangen weiter in die berüchtigten sowjetischen Arbeitslager.
Im Jahr 2006 gab es erste Bestrebungen, das Gebäude zu einem Museum umzufunktionieren. Ziel der Bemühungen war es, das Gebäude zum Erinnerungsort für die Verbrechen zu machen, die unter den verschiedenen Regimes dort stattfanden. Der Fokus liegt hierbei auf der Zeitspanne, in der das kommunistische System herrschte. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes ist jedoch nicht selbstverständlich. Nach dem politischen Regierungswechsel im Jahr 2009 wurde der Vorwurf laut, dass durch die Museumsarbeit Staatsgeheimnisse an die Öffentlichkeit gelangen würden. Mit der Aufarbeitung der sowjetischen Vergangenheit versucht das Museum, als Erinnerungsort Lvivs zu funktionieren.
- Öffnungszeiten: Mittwoch – Sonntag 10:00-13:00 und 14:00-17:00
- English language tours können angefrat werden
- Tel.: 032/243-0446
- E-Mail: lonckoho@gmail.com
- Website: www.lonckoho.lviv.ua.
- Freier Eintritt
Literatur
- Amar, Tarik Cyril: The Paradox of Ukrainian Lviv. A Borderland City between Stalinists, Nazis, and Nationalists, Ithaca und N.Y. 2015.
- Mick, Christoph: Lemberg/Ľviv. in: www.ome-lexikon.uni-oldenburg.de, Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, URL: https://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/orte/lemberg-lviv/ [verfasst 2013; abgerufen am 12.07.2017].
- Tagungsbericht: Sovietizing the Periphery. A Comparative Approach, 04.07.2014 München, in: www.hsozkult.de, Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften, URL: http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-5682 [abgerufen am 11.07.2017].