Nachhaltigkeit(en) der Friedhofs- und Bestattungskultur
Sarah Baum, M.A.
Nachhaltigkeit(en) der Friedhofs- und Bestattungskultur
Das Leitbild der Nachhaltigkeit ist Forschungsgegenstand diverser Disziplinen – so auch der Kulturwissenschaften. Hier drängt sich die Untersuchung von Nachhaltigkeit, verstanden als Narrativ und Werteorientierung, das sozial und kulturell konstruiert wird, und gleichsam Kulturtechniken, Dinge, Deutungs- und Ordnungssysteme hervorbringt, gerade zu auf. Im Zuge dieses Dissertationsprojektes soll dem Leitbild der Nachhaltigkeit im Kontext der Friedhofs- und Bestattungskultur nachgegangen werden. Im Bestattungsinstitut, im Krematorium oder auf dem Friedhof finden sich zunehmend Nachhaltigkeitsprinzipien, die mal mehr, mal weniger offensichtlich darauf abzielen, Prozesse, Orte und Dinge zu schaffen, die ökologisch, wirtschaftlich, kulturell und sozial verträglich sind. Es handelt sich hierbei beispielsweise um vergängliche Urnen und den Umgang mit Altlasten und Müll, die ökologische Gestaltung der Friedhöfe und den Schutz der Friedhofsflächen vor Bebauung oder Reglementierungen in Bezug auf Grabsteine aus Kinderarbeit oder den gänzlichen Verzicht dieser in Bestattungswäldern. Nachhaltigkeit ergibt sich damit nicht allein aus der Sache selbst, sondern auch aus dem Reden über Praktiken der Akteur*innen. Insofern wird in der Friedhofs- und Bestattungskultur Nachhaltigkeit als Begriff und Sache (Markus Tauschek, 2017) sichtbar, sprich: Nachhaltigkeiten (Einecke/Stark, 2023) sind sowohl diskursiv hergestellt als auch konkret erfahrbar.
Lokal situiert im süddeutschen Raum – vom Bodensee bis ins Chiemgau – ist eine akteurszentrierte Perspektive im Zuge der Arbeit richtungsweisend. Ferner gilt es die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen, von welchen Akteur*innen der Bestattungsbranche in ihrem Handeln geleitet werden, entsprechend zu berücksichtigen. Mithilfe des Verfahrens der Grounded Theory werden Daten erhoben und verstanden als hermeneutische Texte – seien es Interviewtranskripte oder zeithistorische Quellen – analysiert. Als zentrale Auswertungsmethode ermöglicht es die Narrationsanalyse, entstandene Leerstellen konsequent zu schließen.
(Dissertationsprojekt)
Gefördert durch das Cusanuswerk im Rahmen eines Promotionsstipendiums.