Der Public Value nichtkommerzieller Lokalradios
Projektbeschreibung:
Sogenannte Nichtkommerzielle Lokalradios (NKLs) erbringen wichtige mediale Funktionen für die lokale Öffentlichkeit, die weder von den beiden ersten Säulen des Rundfunksystems – dem öffentlich-rechtlichen und dem privaten Rundfunk – noch von der Lokalpresse erfüllt werden. Der durch die NKLs vor Ort in ihrem Sendegebiet erbrachte Public Value macht sie damit zu einem nicht verzichtbaren Akteur der Medienlandschaft. NKLs erwirtschaften allerdings weder Werbeeinnahmen wie Privatsender, noch verfügen sie über die finanziellen Polster des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie benötigen daher eine Förderung durch die öffentliche Hand. Während die Förderung von NKLs in anderen europäischen Ländern bereits institutionalisiert ist, variieren die Förderstrukturen in Deutschland stark zwischen den Bundesländern und die finanziellen Mittel, die den NKL zur Verfügung stehen, sind sehr unterschiedlich. In Schleswig-Holstein besteht bislang keine dauerhafte und staatferne Förderstruktur für NKLs, weshalb die beiden schleswig-holsteinischen NKLs Freies Radio Neumünster und freies Radio Fratz Flensburg vor besonderen Herausforderungen stehen.
Vor diesem Hintergrund wurde das wissenschaftliche Kurzgutachten „Aufgaben, Kosten und Finanzierungsbedarf der schleswig-holsteinischen, nichtkommerziellen Lokalradios (NKLs) in Neumünster und Flensburg (15. April 2022) “ durch Paula Nitschke und Jeffrey Wimmer erstellt. Das Gutachten wurde durch die NKLs Freies Radio Neumünster und Freies Radio Fratz beauftragt. Es ermittelt den Finanzierungsbedarf der beiden Freien Radios auf der Grundlage ihrer Aufgaben und zeigt Finanzierungsoptionen auf.
Die Analyse der Leistungen der NKL in Schleswig-Holstein soll vor allem einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion über lokale Medien und lokale Öffentlichkeit leisten. Der aus den Aufgaben abgeleitete Finanzierungsbedarf und die Aufstellung der Kosten richten sich vor allem an politische und institutionelle Akteure. Außerdem bietet das Gutachten auch anderen Medienschaffenden auf der lokalen Ebene (z.B. andere NKLs oder lokaljournalistische Online-Projekte) Argumente und Anregungen zur weiteren Entwicklung. Auf Basis von Leitfadeninterviews, einer Analyse der Programmerstellung und -inhalten der NKLs, deren aktuellen Strukturen und Finanzierung sowie der aktuellen wissenschaftlichen Forschungsliteratur wurden folgende Empfehlungen formuliert:
- Stärkere Anerkennung von NKLs als Erbringer von Qualitätsjournalismus und von vielfältigem Public Value auf der lokalen Ebene
- Sicherung des Bestandes der Freien Radios Fratz und des Freien Radios Neumünster auch unter stark erschwerten Bedingungen (v.a. Corona-Pandemie)
- Etablierung einer dauerhaften und staatsfernen Förderstruktur für NKLs in Schleswig-Holstein
- Umsetzung einer bedarfsgemäßen Förderform durch eine Sockel- und anlassbezogene Förderung.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Förderung von NKL in Schleswig-Holstein entwickelt. Mittlerweile wird die Etablierung einer dauerhaften und staatsfernen Förderstruktur auch im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung vom 22.06.2022 als Ziel formuliert.
Laufzeit:
2022
Links:
Link zum Gutachten
Link zum Freien Radio Neumünster
Link zum Freien Radio Fratz Flensburg
Link zum Zeitungsartikel
Aktuelle Veröffentlichungen:
Nitschke, P. & Wimmer, J. (2022): „Aufgaben, Kosten und Finanzierungsbedarf der schleswig-holsteinischen, nichtkommerziellen Lokalradios (NKLs) in Neumünster und Flensburg“, wissenschaftliches Kurzgutachten im Auftrag von Freies Radio Fratz Flensburg und Freies Radio Neumünster. 15.04.2022. Link zum Gutachten
Weiterführende Literatur:
Wimmer, J. (2021): Nichtkommerzieller lokaler Rundfunk und Partizipation im Wandel. In Behmer, M. et al. (Hg.).: Vielfalt vor Ort. Die Entwicklung des privaten Rundfunks in Bayern (1985 bis 2020). Bamberg: University Press, 473-482.
Wimmer, J. (2017): Bürgerrundfunk im Wandel: Partizipation und Qualität. In: die medienanstalten – ALM GbR/Förster, S. (Hg.): Vom Urknall zur Vielfalt. 30 Jahre Bürgermedien in Deutschland. Berlin: Vistas, S. 233-241.
Wimmer, J. (2012): Partizipation und Bürgermedien. In: Lutz, Klaus/Rösch, Eike/Seitz, Daniel (Hg.): Partizipation und Engagement im Netz. Neue Chancen für Demokratie und Medienpädagogik. München: kopaed, 53- 62.
Wimmer, J. (2011): Illusion versus Zwang. Zum Umgang alternativer Medien mit ihren ökonomischen Grundlagen. In: Hüttner, B./Leidinger, C./Oy, G. (Hg.): Handbuch der Alternativmedien 2011. Berlin: AG Spak, 37- 48.
Kontakt:
AnsprechpartnerInnen:
- Telefon: +49 821 598 - 5324
E-Mail: paula.nitschke@phil.uni-augsburgphil.uni-augsburg.de ()
- Telefon: +49821-598 5576
E-Mail: jeffrey.wimmer@phil.uni-augsburgphil.uni-augsburg.de ()