Christoph Weller beim Panel „Krieg als Brille“ der AFK-Jahreskonferenz in Berlin
Seine kritische Perspektive auf das diesjährige Konferenzthema „Das Ende der europäischen und globalen Friedensordnung?“ der
Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung (AFK) präsentierte der Augsburger Friedensforscher Christoph Weller am 1. April in Berlin. Das besondere Fishbowl-Format des Panels „Krieg als Brille: Theorien von Ende und Wandel europäischer Friedensordnungen im Kontext des Krieges in der Ukraine“ ermöglichte zum Abschluss der dreitägigen AFK-Konferenz den Beteiligten, die Theorieannahmen und Beobachtungsperspektiven zu reflektieren, die den vorangegangenen Debatten über Kriege, Zeitenwenden und Friedensordnungen zugrunde lagen. Dies betraf, darauf machten die drei einleitenden Impuls-Referate von Frank Stengel (Universität Kiel), Lotta Mayer (Universität Heidelberg) und Christoph Weller (Universität Augsburg) aufmerksam, die sehr selektiven Wahrnehmungen der verschiedenen Konflikte in Osteuropa und ihrer unzureichenden Bearbeitungsformen, die Unverbundenheit disziplinärer Einzelbefunde, wenn ein differenziertes Verständnis von Eskalationsprozessen und Krieg erforderlich ist, sowie die beschränkte Perspektivität, wenn in eurozentrischer Arroganz über eine „globale Friedensordnung“ gesprochen wird, die nur in der Theorie oder als Legitimation imperialer Ansprüche vorhanden zu sein scheint. Die intensive und offene Diskussion im Fischbowl-Format machte anschließend deutlich, wie theorieabhängig sowohl die Rede vom Ende der europäischen oder globalen Friedensordnung als auch alle Überlegungen für eine neue Friedensordnung sind: lassen sie sich in Reaktion auf den Krieg in der Ukraine überhaupt multiperspektivisch denken („Krieg als Brille“) und welche Aspekte werden in die Konstruktion einer solchen Prognose, in die Einschätzung einerseits der Eintrittswahrscheinlichkeit und andererseits der Wünschbarkeit unterschiedlicher Szenarien und die Wege, auf denen der fragliche hypothetische Zustand erreicht werden könnte, einbezogen? Nur unter Berücksichtigung solcher Fragen - das wurde auf dem Panel deutlich - lässt sich fundiert prüfen, welche Szenarien sich auf der Basis welcher Theorieansätze entwickeln lassen, mit Bezug auf welche normativen Annahmen Friedensordnungen mehr oder weniger wünschenswert sind, und derart sowohl auf die spezifischen Blindstellen und Stärken unterschiedlicher Theorieangebote reflektieren als auch im Zusammenspiel unterschiedlicher Ansätze hypothetische Szenarien hinsichtlich einer künfitgen europäischen und/oder globalen Friedensordnung entwickeln.