Landwirtschaftliche Vielfalt, und Nutzung durch Landwirte in Tasmanien, Australien. Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass landwirtschaftliche Diversifizierung selbst in Industrieländern eine praktikable Strategie sein kann. Dabei wurde nicht versucht, verallgemeinerte Antworten darauf zu geben, wo und warum Diversifizierung zu Vorteilen führt. Vielmehr wurden verschiedene Wege aufgezeigt, wie landwirtschaftliche Vielfalt entstehen kann. 
In Regionen in denen Diversifizierungsstrategien bereits weit verbreitet sind, sollten künftige Forschungs- und Politikmaßnahmen darauf ausgerichtet sein, unterschiedliche Ansätze und Voraussetzungen der Diversifizierung zu berücksichtigen. Gerade die Identifizierung und Bewältigung der teilweise sehr individuellen Herausforderungen der Landwirte sollten im Vordergrund stehen.

 

 

 

Eine bewässerte, landwirtschaftliche Blumenwiese in Westbury, Tasmanien. Foto von Kshithij Chandrashekar auf Unsplash.

Zitierung:

 

Tacconi, F.; Lefroy, D.; Waha, K.; Ojeda, J. J.; Leith, P.; Mohammed, C. “Agricultural diversity, farmers’ definitions and uses: The case of Tasmanian farms”. Journal of Rural Studies 2024, 108, 103266.

 

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Lehrstuhlinhaberin Klimaresilienz von Kulturökosystemen
Zentrum für Klimaresilienz

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Story Highlights:

  • Es wurde ein breites Spektrum an spezifischen Definitionen, Ansätzen und Verwendungszwecken für landwirtschaftliche Diversifizierungsstrategien identifiziert.
  • Landwirtinnen und Landwirte definieren Diversifizierung über die Anzahl der übernommenen Tätigkeiten und Aktivitäten oder über die damit verbundenen Werte und Ergebnisse.
  • Landwirtschaftliche Diversifizierung kann auch in Industrieländern mit hohem Einkommen eine praktikable und manchmal notwendige Strategie sein.
  • Finanzierungsmöglichkeiten, Informationen, Qualifikationen und die Verfügbarkeit von Arbeitskräften sind wichtige Anreize für Diversifizierung.

Was bedeutet Diversität und Diversifizierung für Landwirte?

Tasmanien ist aufgrund seiner klimatischen und geografischen Vielfalt eine der landwirtschaftlich vielfältigsten Regionen Australiens. Es eignet sich deshalb hervorragend als Forschungsgebiet, um die Vor- und Nachteile der Diversifizierung zu untersuchen. Die Studie befasste sich daher nicht nur mit den wichtigen Forschungsfragen, wie Landwirte Vielfalt und Diversifizierung definieren, sondern auch wie Betriebe die Diversifizierung als betriebswirtschaftliche Strategie nutzen. Zu diesem Zweck wurden Telefoninterviews mit 95 Landwirtinnen und Landwirten in ganz Tasmanien geführt. Die Interviews wurden mit Hilfe einer thematischen Analyse qualitativ ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass die persönlichen Einstellungen und Motivationen der Landwirtinnen und Landwirte zum Thema Vielfalt je nach ihren persönlichen Erfahrungen und Werten variieren. Darüber hinaus spielt der jeweilige landwirtschaftliche Hintergrund eine Rolle, sowie die Art der Diversifizierung, d.h. in welchem Kontext sie stehen, eine Rolle.

 

"Diese Studie zeigt verschiedene Wege auf, wie Landwirte Diversifizierung verwenden und daraus Vorteile ziehen können.“

Katharina Waha, Mitautorin und Forscherin am ZfK

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer definierten landwirtschaftliche Vielfalt entweder über die Anzahl und Art der Tätigkeiten oder brachten sie mit einer Reihe von Werten oder Ergebnissen in Verbindung. Es wurden vier Hauptmerkmale dafür ermittelt, wie Landwirte Diversifizierungsstrategien verwenden oder auch ablehnen. Betriebe, die landwirtschaftliche Vielfalt betreiben, sehen sie (1) als integralen Bestandteil ihres Betriebs, (2) als zusätzliche Geschäftsmöglichkeit, oder verfolgen (3) Diversifizierung aus Motiven, die über finanzielle Werte hinausgehen. 
Die letztgenannte Gruppe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer betonten die Verbesserung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit ihrer Betriebe und mögliche Vorteile für die umliegende Landschaft. Sie heben den ethischen Wert der landwirtschaftlichen Vielfalt hervor und bezeichneten ihre Diversifizierungspraktiken als einen wesentlichen Bestandteil ihres landwirtschaftlichen Konzepts:

"Nun, sie ist die Grundlage für alles, denn wir haben gelernt, dass Mutter Natur in diesen Systemen Vielfalt verlangt. Von der Bodenmikrobiologie bis zum Viehbestand ist das die Grundlage für alles, was wir tun",
so ein Teilnehmer der Befragung, der den ethischen Wert von Diversifizierung hervorhebt.

Auf der anderen Seite gab es diejenigen, die eine Diversifizierung ablehnten (4), was oft mit einer negativen Wahrnehmung der landwirtschaftlichen Vielfalt verbunden war. Dabei war die primäre Konzentration auf einen Hauptgeschäftszweig vorherrschend:

„Wir führen ein ziemlich großes Unternehmen. Wir sind der Meinung, dass wir das tun müssen, in dem wir am besten sind“,
ist sich ein Teilnehmer, der auf Milchvieh spezialisiert ist, sicher.

ANREIZE UND HINDERNISSE FÜR EINE GRÖSSERE LANDWIRTSCHAFTLICHE VIELFALT

Auf die Frage nach der Absicht, die landwirtschaftliche Vielfalt in Zukunft zu erhöhen, antworteten nur zwanzig der Teilnehmer, dass sie planen, die Vielfalt ihres Betriebs in den nächsten fünf Jahren durch die Einführung neuer Kulturpflanzen oder Tierarten zu erhöhen. Einer der Gründe dafür ist, dass auch in Australien die Landwirte das finanzielle Risiko ohne staatliche Unterstützung oft nicht eingehen können. Gerade in Australien sind Förderungen aber zu sehr auf große Unternehmen ausgerichtet, so die befragten Landwirte. Die Schaffung alternativer Marktoptionen wäre für viele Landwirte ein Anreiz ihren Betrieb zu diversifizieren. 

Dabei muss bedacht werden, dass jeder Betrieb profitabel arbeiten können muss, um zu überleben - egal ob es um wirtschaftliche Vorteile oder um nachhaltiges Handeln geht.

 

"Diversifizierung ist also eine großartige Sache, solange sie sich auszahlt und den zusätzlichen Aufwand wert ist“,
so das Statement eines Teilnehmers der Befragung, dem der Aufwand der Diversifizierung irgendwann zuviel wurde.
 

Wissenswertes

Landwirtschaftliche Vielfalt durch Diversifizierung AI-generated image
Landwirtschaftliche Diversifizierung oder „landwirtschaftliche Vielfalt“ umfasst ein buntes Spektrum an zusätzlichen Erwerbsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Betriebe. Dazu gehören Formen des Zusatzerwerbs, die sich eng an der bisherigen Form des bäuerlichen Wirtschaftens orientieren, wie die Energiegewinnung, sowie Direktvermarktung auf dem Hof oder auf Bauernmärkten. Einige der Diversifizierungen fördern die Beziehung Gesellschaft und Landwirtschaft auf positive Weise, wie etwa Urlaub auf dem Bauernhof oder sogenannte Melkhüs oder Hofcafés, die die Landwirtschaft vielen Menschen erst wieder nahe bringen. Auch Erlebnis- oder soziale Angebote werden heute von modernen Betrieben umgesetzt.
Für die Landwirtinnen und Landwirte selbst gibt es viele gute Argumente für die Diversifizierung in ihrem Betrieb. Viele der Angebote schaffen zusätzliche Arbeitsplätze. Landwirtschaft trägt heute nicht nur zur Ernährungssicherung bei; Bäuerinnen und Bauern machen sich Gedanken über Nachhaltigkeit wie Wasserschutz, Tierwohl und soziale Aspekte. Am Ende des Tages zählt aber auch für die Menschen in der Landwirtschaft ein gutes Leben mit ausreichend Einkommen. Investitionen und Umstrukturierungsmaßnahmen müssen sich irgendwann rechnen. Dann verringert sich auch das unternehmerische Risiko für die Bäuerin bzw. den Bauern, da sie die Wertschöpfung auf mehrere Standbeine verteilen können. Nur so lassen sich nachhaltige Diversifizierungs-Projekte durch und mit den Bauern umsetzen.
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