Alena Bischoff
Projektskizze
Alternative Gottesmodelle jenseits des personalen Theismus (Arbeitstitel)
Wollen theologische Gottesmodelle und -konzepte intellektuell redlich bleiben, so müssen sie sich den Herausforderungen angesichts verschiedener Inkosistenzvorwürfe stellen. Nicht zuletzt sind es die Anfragen des sogenannten New Atheism1 , die verantwortete Gottesrede in die Pflicht stellen, über ihre Glaubensinhalte wissenschaftlich mit den Argumenten der Vernunft Auskunft zu geben. Gerade in der Religionsphilosophie scheitern neuere Modelle und Ideen an den vernunftgeleiteten Wissenschaftsstandards.2 Die Theodizeefrage als der berühmte „Fels des Atheismus“ hat dabei auch im aktuellen Diskurs wenig an seiner Schärfe verloren. Allerdings scheint das, was man unter einem „klassischen Theodizee-Modell“ versteht, lediglich eine Unterform eines weitaus weiter gefassten Problems zu sein – bekannt unter dem Label „The Problem of Evil“. Als tonangebende Metonymie für das Problem aus dem Übel ist dabei die berühmte Passage aus Fjodor M. Dostojewskis Roman „Die Brüder Karamasow“ geworden, in der der junge Iwan seine Gottesenttäuschung angesichts des Leids in der Welt zum Ausdruck bringt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass eine Stärke des Problems aus dem Übel darin liegt, den Glauben an einen Gott unvernünftig oder gar unlogisch erscheinen zu lassen. Während zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter des Theismus beschwerliche Unternehmungen vorgenommen haben, ein bestimmtes Gottesbild zu verteidigen, gibt es nur wenige Versuche, die Argumentation der Gegenseite tatsächlich ernst zu nehmen und sie als Ansporn für eine Modifikation des Gottesbildes zu nutzen. Dies hätte zur Folge, die Schwächen bestimmter festgefahrenen und inadäquaten theistischen Traditionen anzuerkennen, um als Konsequenz daraus, neue und bessere Modelle und Konzepte für einen Gottesbegriff auszuformen. Letztere Unternehmungen der letzten drei Jahrzehnte sind unter dem Oberbegriff „Non-Standard Theism“ subsummiert. Diese alternativen Gotteskonzepte werden mit ihren heterogenen Modellen und verschiedensten Ansätzen unter einem Label vereint.3 Eine Gemeinsamkeit, die allen alternativen Modellen gemein zu sein scheint, ist die Bereitschaft mit traditionellen Eigenschaften Gottes zu brechen und eine modifizierte Alternative zum „Standard Theism“ (alle Varianten des monotheistischen Glaubens, der größtenteils im Judentum, Christentum und Islam zu finden ist) und dem Personalen Theismus anzubieten. Nach John Bishop behauptet Standard Theism, dass es nur einen Gott gibt, der eine Person oder zumindest personenhaft ist und ein verehrungswürdiges Objekt sein muss. Aufgrund seiner Eigenschaften ist dieses göttliche Wesen der Innbegriff von Vollkommenheit und Perfektion.4 Zu diesen „great making attributes“5 gehören klassischerweise Allmacht, Allwissenheit, Allgüte (bzw. moralische Vollkommenheit), Aseität, Unkörperlichkeit, Ewigkeit, Allgegenwärtigkeit und vollkommene Freiheit.6 Ergänzend zu den vollzüglichen Eigenschaften gehört die Annahme, dass Gott der einzige Schöpfer und Bewahrer von alldem, das ist. Die zentralen Gottesattribute im Kontext des Problems aus dem Übel sind dabei: Allmacht (omnipotent), Allwissenheit (omniscient) und Allgüte (omnibenevolent). Vor allem scheint es auch die Personalität Gottes zu sein, die das Problem aus dem Übel multipliziert. Aus diesem Grund konkretisiert John Bishop den Gottesbegriff und definiert den sogenannten personalen omniGod als Zielscheibe der Kritik: “the supremely perfect being who is omnipotent, omniscient and omnibenevolent and who stand to the natural universe as its supernatural creator ex nihilo.”7 Oder: “[…] a unique omnipotent, omniscient, omnibenevolent, supernatural person who is creator and sustainer of all else that exists.”8 Der Gegenentwurf hierzu der beiden Religionsphilosophen John Bishop und Ken Perszyk ist das sogenannte “euteleologische” Gottesmodell – ein non-personales, monistisches und “naturalistisches” Gottesmodell, das den Anspruch erhebt, alle Anklagen der Theodizee entschärfen zu können. In meinem Promotionsprojekt versuche ich generelle Schwächen des sogenannten personalen omniGods aufzudecken, die Anforderungen an ein alternatives Gottesmodell, das intellektuell redlich bleiben möchte, zu identifizieren und zu benennen, um schließlich das spezifische Gottesmodell von John Bishop und Ken Perszyk auf diese Kriterien hin zu untersuchen, um mögliche Leerstellen und ontologische Unterbestimmungen aufzudecken.
1. Übersicht über Anfragen und Frontstellungen, die unter neuen Überschriften unter dem Label des Neuen Atheismus laufen, liefert: Thomas Schärtl, “Neuer Atheismus: Zwischen Argument und Anmaßung”, Stimmen der Zeit, no. 3 (2008).
2. Vgl. exemplarisch Graham Oppy und Nick Trakakis als populäre Vertreter eines zeitgenössischen, intellektuellen Atheismus.
3. Vgl. die Darstellung der verschiedenen Positionen in Andrei A. Buckareff and Yujin Nagasawa, eds., Alternative concepts of god: Essays on the metaphysics of the divine (Oxford University Press, 2016) und Thomas Schärtl, Christian Tapp, and Veronika Wegener, eds., Rethinking the concept of a personal God: Classical theism, personal theism, and alternative concepts of God (Aschendorff Verlag, 2016). Eine aktuelle Diskussion mit Schwerpunkt der A-Personalität findet sich bei Simon Kittle and Georg Gasser, eds., The Divine Nature: Personal and A-Personal Perspectives (Routledge, 2022).
4. Vgl. Nick N. Trakakis, “Introduction”, in The problem of evil: Eight views in dialogue, ed. Nick N. Trakakis (Oxford University Press, 2018), 1.
5. Trakakis, "Trakakis, N., Introduction, 2018.", 2.
6. Vgl. E. Wierenga: The Nature of God. An Inquiry into Divine Attributes. Ithaca – London 1989, 5f.
7. Als erstes definiert in: John Bishop, “Evil and the Concept of God”, Philosophical Papers 22, no. 1 (1993): 1.
8. John Bishop, “Can There Be Alternative Concepts of God?”, Nous 32, no. 2 (1998): 174.
Literatur:
Literatur: Bishop, John. 1993. “Evil and the Concept of God”. Philosophical Papers 22, no. 1: 1–15.
Buckareff, Andrei A., and Yujin Nagasawa, eds. 2016. Alternative concepts of god: Essays on the metaphysics of the divine. New York: Oxford University Press.
Kittle, Simon, and Georg Gasser, eds. 2022. The Divine Nature: Personal and A-Personal Perspectives. New York, Milton: Routledge.
Schärtl, Thomas. 2008. “Neuer Atheismus: Zwischen Argument und Anmaßung”. Stimmen der Zeit, no. 3: 147–61.
Schärtl, Thomas, Christian Tapp, and Veronika Wegener, eds. 2016. Rethinking the concept of a personal God: Classical theism, personal theism, and alternative concepts of God. Münster: Aschendorff Verlag.
Trakakis, Nick N. 2018. “Introduction”. In The problem of evil: Eight views in dialogue, edited by Nick N. Trakakis, 1–11. Oxford: Oxford University Press.
Wierenga, Edward R. 1989. The Nature of God. An Inquiry into Divine Attributes. Ithaca / New York: Cornell University Press. 4 Vgl. Nick N. Trakakis, “Introduction”, in The problem of evil: Eight views in dialogue, ed. Nick N. Trakakis (Ox