Laura Gerken M.Sc.

Projektskizze

Deutung und Bedeutung leiblicher Interaktion in der außerklinischen Intensivpflege

Durch den technischen Fortschritt in der Medizin und aufgrund erweiterter therapeutischer
Möglichkeiten steigt seit den 1990er Jahren die Anzahl an invasiven Heimbeatmungen in
Deutschland, aber auch Europa, stetig und mit hoher Dynamik an. Aktuelle Schätzungen gehen
von einer Fallzahl von 15.000 Patientinnen und Patienten aus, die mit einer invasiven
Beatmung in ihrer Häuslichkeit versorgt werden. Invasive künstliche Beatmung kann die
Sprachfähigkeit beatmeter Patienten massiv beeinträchtigen. Dies führt dazu, dass die
Kommunikation zwischen Pflegenden und Patienten nur sehr eingeschränkt möglich ist. Damit
sind beatmete und kommunikationseingeschränkte Patienten, die für eine gelingende
Versorgung auf die Interaktion mit den sie versorgenden Personen angewiesen sind, in
besonderem Maße Isolation, Benachteiligung und Gefahrensituationen ausgesetzt.
Zunehmender Ökonomisierungsdruck und Fachkräftemangel im Gesundheitswesen sowie
eine stark formalisierte und rationierte Versorgung erschweren den Pflegenden die
Interaktion mit kommunikationseingeschränkten Patienten zusätzlich. Vor diesem
Hintergrund steigt die Bedeutung nonverbaler (leiblicher) Kommunikation für eine gelingende
Versorgung.
Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung steht somit das kommunikative Verhalten
zwischen nicht sprachfähigen, beatmeten Patienten, ihren Angehörigen und den Pflegenden
unter den gegebenen strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Ziel der
Analyse ist es, zu erforschen, (1) wie eine gelingende Verständigung zwischen den Akteuren
in diesem Kontext möglich ist und welche Rolle nonverbale (leibliche) Kommunikation dabei
spielt. (2) Welche Bedingungen müssen in der außerklinischen Intensivpflege gegeben sein,
damit eine gelingende Kommunikation und Interaktion zwischen Patient, Angehörigen und
Pflegenden ermöglicht werden kann.
Die Untersuchung nonverbaler (leiblicher) Kommunikation erfordert ein qualitatives
Forschungsdesign, das die Besonderheit des Forschungsgegenstandes berücksichtigt. Da
leibliche Kommunikation verbal nicht zu erfassen ist, erfolgt die Datenerhebung mittels
teilnehmender Beobachtung im Sinne der fokussierten Ethnografie nach Knoblauch (2001).
Ergänzt wird diese durch Gruppeninterviews, durch die die kollektiven Erfahrungen und
Deutungen herausgearbeitet werden sollen. Zur Auswertung des Materials aus der
teilnehmenden Beobachtung wird die Methode der Grounded Theory nach Kathy Charmaz
(2014) herangezogen. Die Auswertung der Gruppeninterviews erfolgt mithilfe der
dokumentarischen Methode nach Ralf Bohnsack (2013).

 

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