Simone Steuer M.A.
Projektskizze
Eine objektbezogene Kulturgeschichte fetischisierender Tendenzen im römerzeitlichen Ägypten. Untersucht anhand von weiblichen Mumienporträts
Das Forschungsprojekt untersucht aus kulturwissenschaftlicher Perspektive, ob fetischisierende Tendenzen zumindest für bestimmte Teile des (Alltags-)Lebens der Menschen der römischen Antike angenommen werden können.
Dazu muss zunächst der Begriff des Fetischismus untersucht und definiert werden. Denn selten weist ein Begriff eine derart gewaltige Wirkungsgeschichte auf und ist dabei von solch mehrdeutiger, stark diskutierter Gestalt, wie der Begriff des Fetischismus. Die präzise Definition ist besonders wichtig, da der Begriff des Fetischismus in anderen (kulturhistorischen, also verwandten) Disziplinen wie beispielsweise der Ethnologie oder auch der Psychologie, bereits seit den 1920er Jahren Einzug gehalten hat. In der Archäologie allerdings gilt er bisher als unwissenschaftlich oder populärwissenschaftlich. Und während es für andere Zeitalter (besonders zur Zeit der Kolonialisierung) zahlreiche Theorien und Studien gibt, die sich dem Fetischismus kulturhistorisch annähern, wurden für die Antike in diese Richtung bisher wenige Anstrengungen unternommen.
In dieser Arbeit werden also Fetischkategorien herausgearbeitet, die auf drei Objektgattungen angewandt werden. Dazu wird besonderes Augenmerk auf die weiblichen Frisuren, feminin konnotierten Schmuck und Schminke gelegt. Um diese drei Objektgattungen auf fetischisierende Tendenzen untersuchen zu können, braucht es allerdings eine Materialgattung die alle drei in sich vereint.
Deshalb werden sogenannte Mumienporträts, Porträts von reichen Privatpersonen der Oberschicht des römerzeitlichen Ägyptens, die auf Holzpaneele oder Leinwand auf Kopfhöhe in die Mumienumhüllung eingewickelt oder, wenn auch seltener, auf die Umhüllungen von Mumien gemalt wurden, untersucht. Sie zeigen entweder den sogenannten Büstenbereich einer Person oder zeigen sie maximal in Halbfigur, weshalb sie oftmals als antike Passbilder bezeichnet werden. Als Produkt der gesellschaftlichen Oberschicht des römerzeitlichen Ägyptens stellen sie nur ca. ein bis zwei Prozent aller Mumien der römischen Zeit dar. Sie gelten somit als eine dekorative Sonderform. Bis heute sind etwas mehr als eintausend Porträts bekannt. Die Mumien mit Porträts stellen eine homogene Gruppe dar, die sich im mediterranen Selbstverständnis präsentiert.