Katharina Eddins
Instinktives Sprachgefühl ist etwas, was in meinem Alltag sehr wichtig ist, und dieses wurde im Laufe meines Studiums enorm erweitert. Ich habe gelernt, verschiedene Kommunikationsformen zu schätzen, sprachliche und kulturelle Missverständnisse zu erkennen und vermeiden, Kommunikation über grammatikalische Korrektheit zu stellen und vieles mehr.

Katharina Eddins
Freiberufliche Übersetzerin

Wichtige Karriereschritte

12/2020 – heute              Freiberufliche Übersetzerin

03/2019 – 09/2020          Übersetzerin, Alpha CRC Berlin
02/2016 – 02/2019          Übersetzerin/Lektorin, Lengoo GmbH
09/2018                           Erntehelferin, Domaine Desertaux-Ferrand
08/2015 – 09/2015          Kassiererin, Hagebaumarkt Nördlingen
08/2013 – 01/2014          Assistant Manager, Birdie Bird’s Pet Shop
11/2013                           Call-Center-Agentin, ProService
09/2013 – 10/2013          Kellnerin, Souper Salad
09/2011                           Praktikantin, Deutscher Bundestag
08/2011 – 09/2011          Praktikantin, Haus St. Marien (Seniorenpflegeheim)

Interview vom 15.09.2023

Frau Eddins, Sie sind als Freiberufliche Übersetzerin tätig. Können Sie kurz beschreiben, wie Ihr Arbeitsalltag aussieht und welche Aufgaben dazu gehören?
Beim Organisieren meines Arbeitsalltags stütze ich mich auf ein Zeitmanagementtool. Dort halte ich alle eingehenden Projekte fest. Kleine Projekte (zwischen 1-2 Tagen Zeitaufwand) führe ich dort als einen Punkt; größere Projekte (zum Beispiel Buchübersetzungen, die mehrere Monate in Anspruch nehmen) teile ich in Tagesportionen auf und verteile sie sinnvoll über die verfügbare Zeit.

Dadurch kann ich mich morgens einfach an meinen PC setzen und weiß immer direkt, was für den heutigen Tag ansteht. Neu eingehende Nachrichten von Kund*innen beantworte ich meist sofort und plane die dabei eingehenden Projekte dort ein, wo ich kann. Oft muss ich dafür bereits eingeplante Projekte verschieben, aber bei meinem recht flexiblen Zeitplan ist das meistens kein Problem (außer ich bin für eine Woche bereits voll ausgebucht).
Bei der Arbeit an diesen Projekten muss ich nicht nur übersetzen, sondern auch viel recherchieren. Wenn ich während meines Arbeitstages YouTube-Videos anschaue oder Onlineforen browse, bin ich also nicht zwangsläufig am Prokrastinieren! Außerdem lese ich jede einzelne Übersetzung vor der Lieferung selbst Korrektur. Manchmal erhalte ich von Kund*innen lektorierte Versionen zurück, welche ich natürlich auch noch mal überprüfe.
Neben den Sprachdienstleistungen darf ich auch nie vergessen, Zeit für Buchhaltung, Weiterbildung und Marketing/Kundenakquise einzuplanen. Gerade die letzten beiden Punkte führen mich auch immer mal wieder raus aus meinem Home Office, zum Beispiel auf Messen, Tagungen und Networking-Events.
Da ich diesen Punkt selbst zu Anfang unterschätzt habe, möchte ich auch noch erwähnen, dass Netzwerken eindeutig zu meinen täglichen Aufgaben gehört, da ein starkes Netzwerk an Kolleg*innen sehr hilfreich sein kann. Dafür schreibe ich hin und wieder Beiträge auf LinkedIn, beantworte Fragen in Onlinegruppen und brainstorme mit Kolleg*innen, die an einer kniffligen Stelle festsitzen – und an anderen Tagen bin dann ich diejenige, die diese Unterstützung in Anspruch nimmt!
 
Hatten Sie von Anfang an das Ziel, sich selbständig zu machen, oder hatten Sie vor, eine andere berufliche Laufbahn einzuschlagen?
Direkt nach dem Studium konnte ich mir nicht vorstellen, selbständig zu arbeiten, da mir dazu noch einiges Vorwissen und Selbstvertrauen gefehlt hat. Deswegen habe ich mich bei der Jobsuche ausschließlich auf Festanstellungen in verschiedenen international aufgestellten Unternehmen konzentriert.
Doch während meiner darauffolgenden Festanstellung in einer Übersetzungsagentur konnte ich die nötigen Fähigkeiten zum Glück erwerben. Mit der daraus entstandenen Selbstsicherheit im Gepäck sah die Selbständigkeit immer verlockender aus. Inzwischen kann ich mir eigentlich keine andere Laufbahn mehr vorstellen.
 
Vor welchen Herausforderungen stehen Sie bei jedem neuen Projekt?
Zu Beginn einer Zusammenarbeit mit neuen Kund*innen liegt die größte Herausforderung darin, Erwartungen zu klären und einen reibungslosen Arbeitsprozess aufzustellen. Dafür muss ich viele Fragen stellen und mich oft auch an einen neuen Sprachstil und eine neue Zielgruppe gewöhnen. Zudem muss ich viel lernen, über Terminologie, Produkte/Dienstleistungen und Struktur des jeweiligen Unternehmens. Zuweilen wünschen Kund*innen außerdem die Benutzung bestimmter Programme oder Onlineportale, an die ich mich ebenfalls gewöhnen muss.
Später, wenn sich das alles eingependelt hat, ändern sich die Herausforderungen. Zum Beispiel kann es durchaus mal vorkommen, dass ich mich zwischendurch einfach nicht sehr kreativ fühle und trotzdem lebendige, ansprechende Texte liefern muss. Zum Glück gibt die Selbständigkeit mir die Freiheit, in solchen Situationen spazieren zu gehen, Geschirr zu spülen, ein Nickerchen zu machen – was auch immer gerade hilft, die Kreativität wieder anzukurbeln! Aber man muss als Übersetzer*in auch lernen, einzusehen, wann man Arbeit auf andere Tage verschieben muss (solange die Deadlines es zulassen).
Eine letzte, ganz allgemeine Herausforderung ist klare Kommunikation. Nicht alle Kund*innen haben Zeit oder Geduld für Fragen, also muss ich lernen, knapp zu formulieren und trotzdem alle wichtigen Informationen herauszufinden. Außerdem muss ich meinen Zeitplan gut im Blick haben und wissen, ab wann ich längere Deadlines aushandeln oder Projekte ablehnen muss.

 
Wie sehr ist Ihre jetzige Berufstätigkeit durch Ihr Studium geprägt?
Instinktives Sprachgefühl ist etwas, was in meinem Alltag sehr wichtig ist, und dieses wurde im Laufe meines Studiums enorm erweitert. Ich habe gelernt, verschiedene Kommunikationsformen zu schätzen, sprachliche und kulturelle Missverständnisse zu erkennen und vermeiden, Kommunikation über grammatikalische Korrektheit zu stellen und vieles mehr. Hin und wieder kann ich konkrete Fakten aus meinem Studium anwenden, aber die allgemeine sprachwissenschaftliche Basis, die ich im ANIS-Studium erhalten habe, spielt für mich eine weitaus wichtigere Rolle.
Auch meine Liebe zu Sprache und Kommunikation und eine grundlegende Neugier wurden im Studium stark gefördert und das hilft mir, immer wieder Freude an meinem Beruf zu finden.
 
Welche Tipps können Sie Studierenden zur Berufsorientierung geben? Welche Zusatzqualifikationen sind wichtig bzw. hilfreich in Ihrem Tätigkeitsbereich?
Ich denke, Studierende unterschätzen oft, wie viele ihrer Erfahrungen relevant sein könnten, da sie sie als selbstverständlich hinnehmen. Es ist sehr hilfreich, jedes Praktikum und jeden interessanten Kurs genau zu betrachten und zu überlegen, welche Fähigkeiten man sich dabei angeeignet hat. Sich das ganz bewusst vor Augen zu führen, hilft bei jedem Schritt, von der Berufsorientierung und der Formulierung von Bewerbungen bis hin zum Bewerbungsgespräch.
Auf diese Art kann übrigens auch ein bunter Lebenslauf zum Vorteil werden! Ich habe mich über die Jahre immer wieder in neue Bereiche einarbeiten müssen und allein diese Fähigkeit hilft mir heute so oft – von dem konkreten Wissen, das ich in verschiedenen Nebenberufen gesammelt habe, mal ganz abgesehen.
Außerdem will ich noch mal betonen, was einem während des Studiums sowieso schon von allen Seiten gesagt wird: Praktische Arbeitserfahrung ist wichtig. Nicht nur für potentielle Arbeitgeber*innen (wobei das natürlich nicht zu vernachlässigen ist!), sondern auch für die eigene Entwicklung und Selbstsicherheit. In diesem Sinne übrigens auch der Tipp: Stresst euch nicht so unglaublich bei der Jobsuche nach dem Studium, denn es muss nicht immer sofort der absolute Traumjob sein. Arbeitserfahrung zählt immer und sobald man einmal im Arbeitsalltag ist, kann es auch viel leichter sein, herauszufinden, was man wirklich kann und will.
Wer Übersetzer*in werden möchte, sollte sich nicht nur auf die Theorie konzentrieren, sondern sich auch mit relevanten Programmen (z. B. CAT-Tools), Buchhaltung, Eigenorganisation und Projektmanagement beschäftigen. Und vergesst nicht, dass man als Übersetzer*in idealerweise nicht nur Sprachfähigkeiten mitbringen sollte, sondern auch Hintergrundwissen in einem anderen Bereich. Egal, ob Marketing, Wirtschaft, Medizin, Jura, Tourismus, Literatur, IT – in fast jedem erdenklichen Bereich werden Übersetzungen von erfahrenen Menschen benötigt! Dieses Wissen kann man natürlich parallel zur Berufstätigkeit ausbauen, aber wer schon eine gewisse Basis mitbringt, kann davon nur profitieren.
 
Wo sehen Sie sich die nächsten 5-10 Jahre?
Genau hier, nur mit mehr Erfahrung und noch mehr interessanten Kund*innen!
 
Mehr über die Person und die Möglichkeit, sich zu vernetzen: LinkedIn oder persönliche Homepage

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