Homeschooling
Augsburger Schulpädagoge gibt in einer neuen Studie Empfehlungen und Vorschläge, wie ein effektiveres und besseres Homeschooling möglich ist.
Augsburg/CH – Eine der größten Herausforderungen der Corona-Pandemie für Familien war und ist das so genannte Homeschooling. Der Augsburger Schulpädagoge Klaus Zierer hat nun eine aktuelle Studie vorgelegt, in der er die Dimension ausführt und Empfehlungen für wirksames Lernen zuhause gibt. „Dass diese Maßnahme eine Herausforderung darstellt“, erklärt Klaus Zierer, Professor für Schulpädagogik an der Universität Augsburg, „war von Anfang an offensichtlich, weil sie neu war und alle Beteiligten unvorbereitet getroffen hat.“ Schon kurz nach dem Start des Homeschoolings forderte er einen Masterplan, der die pädagogischen Herausforderungen in den Blick nimmt. Nun hat er eine Studie vorgelegt, die sich diesem Thema widmet. Schon eine begriffliche Analyse der durchaus problematischen Bezeichnung „Homeschooling“ zeige wie spannungsvoll und voraussetzungsreich Fernunterricht oder Lernen zuhause sei, sagt Zierer und warnt vor der Gefahr, dass Eltern zu Ersatzlehrern werden. Gefordert seien in der neuen Situation auf Seiten der Lernenden vor allem Gewissenhaftigkeit und Selbstständigkeit. Beides habe jedoch im bisherigen Bildungssystem nicht an erster Stelle gestanden. „Homeschooling ist und bleibt eine Aufgabe der Schule“, so Zierers Resümee. Bekannte pädagogische Forschungsergebnisse lassen sich heranziehen um diese erfolgreich zu gestalten und Eltern, Schülerinnen und Schüler zu unterstützen. Insbesondere in John Hatties bekannter Studie „Visible Learning“, die über 1.700 Meta-Analysen und circa 95.000 Einzelstudien versammelt, finden sich hilfreiche Hinweise. Ein beachtlicher Teil dieser Forschungen setzt sich mit Fernunterricht und der Digitalisierung im Bildungsbereich auseinander. Der Blick in die Daten zeige deutlich: Homeschooling kann funktionieren, kann jedoch auch scheitern und zu massiven Benachteiligungen führen. „Entscheidend für erfolgreiches Homeschooling“, schreibt Klaus Zierer, „ist die Pädagogik: Gelingt es Lehrpersonen, trotz Distanz eine vertrauensvolle Atmosphäre aufzubauen, Herausforderungen zu setzten, Rückmeldungen einzuholen und auch zu geben, mit Lernenden in einem engen Kontakt zu bleiben, dann kann Homeschooling durchaus zu respektablen positiven Effekten führen. Technik kann hier hilfreich sein, aber sie ist kein Garant und kein Selbstläufer.“ Dabei warnt er davor, diese Ausnahmesituation als neues Normal zu betrachten. Vor allem fehlten die sozialen Kontakte: „Bildung ist im Kern Beziehung und es wäre auf längere Sicht fatal, diese Gedanken zu ignorieren oder digital ersetzen zu wollen. Gerade deswegen ist der Weg zurück in den Normalbetrieb so wichtig.“ Man dürfe aktuell nicht den Fehler machen, die Rückkehr in die Schulen mit den Sommerferien zu verwechseln oder die Lernenden hauptsächlich mit Hygienemaßnahmen zu begrüßen. Die Schülerinnen und Schüler kämen schließlich nach einer nach einer längeren Phase sozialer Isolation zurück, in der sie sich alle viele Gedanken über die aktuelle Situation gemacht haben. Insofern fordert Klaus Zierer, den Wiederaufbau sozialer Kontakte, also Beziehungsarbeit bei aller Wahrung von Hygienestandards ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Ebenso nötig sei eine „Entrümpelung der Lehrpläne“, um nicht der Gefahr zu erliegen, in weniger Zeit mehr schaffen zu müssen. Mit Blick auf den Unterricht sei die Stunde des Feedbacks gekommen. Ohne permanente Rückmeldeschleifen zwischen Lernenden, Eltern und Lehrpersonen sei Homeschooling auch nach der Rückkehr in die Schulen, eine nicht zu meisternde Herausforderung zu, es gelte daraus wichtige Lehren für die Zukunft zu ziehen. Digitalisierung könne hierfür wichtig sein, wenn sie pädagogischen Leitlinien folge. Auch das, so Schulpädagoge Zierer, sei ein wichtiges Element des Masterplanes Homeschooling. Dieser würde für Lehrpersonen Verbindlichkeiten schaffen und Familien Orientierung geben.Pädagogik wichtiger als Technik
Bildung ist Beziehung
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