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- Sarah Sosinski: Fortschritts- und Emanzipationsdiskurse im jüdischen Familien- und Generationenroman zwischen 1871 und 1918
Fortschritts- und Emanzipationsdiskurse im jüdischen Familien- und Generationenroman zwischen 1871 und 1918
Abstract
Das Dissertationsprojekt untersucht jüdische Familien- und Generationenromane in der deutschsprachig-jüdischen Literatur in der Zeit zwischen der rechtlichen Gleichstellung der Juden in Deutschland 1871 bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs. Mit den Mitteln des literarischen Realismus erzählen sie Geschichten von alltäglichem jüdischem Leben aus allen sozialen Schichten. In der ‚natürlichen‘ Abfolge derGenerationen präsentieren sie Fortschrittsgeschichten, die den zentralen Gedanken der jüdischen Emanzipation, der das gesamte 19. Jahrhundert bes timmt, fortschreiben oder aber in seinem Scheitern vorführen und neue Wege für jüdisches Leben im 20. Jahrhundert aufzeigen.
Das Projekt ergänzt die allgemeine Gattungsdefinition des Familien- und Generationenromans um den ‚blinden Fleck‘ des jüdischen Romans. Dabei werden die Vorstellungen von Familie als ‚Keimzelle‘ einer im exemplarischen Einzelfall jeweils noch genauer zu untersuchenden Konzeption von Gemeinschaft - religiös, national, über das Geschlecht etc. – in ihren komplexen wechselseitigen Bezügen zu untersuchen sein. Neuere Zugänge der literaturwissenschaftlichen Intersektionalitätsforschung erlauben es, die unterschiedlichen Konzeptionen von Emanzipation im jüdischen Familien- und Generationenroman auf narrativer und thematischer Ebene genauer zu fassen und ihn an der Schnittstelle zwischen Literatur-, Kultur- und historischen Wissenschaften verorten. Mit seinen ‚realistischen‘ Beschreibungen von Heranwachsen, Schulbildung, erster Liebe, aber auch der alltäglichen Erfahrung von Krieg und Antisemitismus, mit der Einschreibung in gesellschaftspolitische Debatten und der Frage nach der konkreten Selbstverortung ihrer Protagonist*innen in ihren familialen Gemeinschaften, der Familien wiederum in ihren jeweils unterschiedlich definierten Kontexten erhebt der Familien- und Generationenroman den Anspruch, Aussagen über das ‚wirkliche‘, alltägliche Leben von Juden*Jüdinnen treffen zu können.