Prof. Dr. Werner Rieß
Dr. Werner Rieß ist Professor für Alte Geschichte an der Universität Hamburg
Wie sind Sie zum Fach Geschichte gekommen?
Schon in meiner Kindheit habe ich mich für Geschichte interessiert, v.a. für die alten Griechen und Römer. Meine Eltern haben unbewusst den Grundstein gelegt, indem sie mir in der ersten Klasse zu Weihnachten das Was-ist-was Buch „Wie lebten die alten Römer?“ schenkten. Von der Lektüre war ich dann so begeistert, dass ich mir das nächste Buch zu den Griechen wünschte.
In der Schule habe ich dann sehr gerne Fremdsprachen gelernt, v.a. Latein habe ich geliebt, weiterhin war aber auch Geschichte mein Lieblingsfach. Als ich dann an der Universität Augsburg die erste Vorlesung in Alter Geschichte hörte, war mir klar, dass ich hier tiefer einsteigen wollte. Das Geschichtsstudium hat mir insgesamt sehr viel Freude bereitet, aber von Beginn an legte ich den Schwerpunkt auf die Alte Geschichte.
Welche Qualifizierungen und Initiativen während des Studiums waren wichtig für die spätere Berufswahl? Wie können sich Geschichtsstudierende auf mögliche spätere Berufsfelder vorbereiten?
Besonders geprägt hat mich der Umgang mit gleichgesinnten Kommilitonen. Wichtig für mich war aber auch der Blick über den Tellerrand der eigenen Disziplin: So habe ich für die Anforderung des fachfremden Scheins eine Vorlesung in Philosophie zum deutschen Idealismus gehört. Und während ich mich auf das Graecum vorbereitete, besuchte ich parallel einen Lektürekurs zu den Vorsokratikern, wo ich mich gleich mit Originaltexten vertraut machen und etwas tiefer in die griechische Gedankenwelt eintauchen konnte als dies im Graecumskurs möglich gewesen wäre.
Als Zusatzqualifikation erwarb ich ein Zertifikat in den Historischen Hilfswissenschaften, wofür ich eine Einführung in die lateinische Epigraphik, ein Hauptseminar in römischer Numismatik sowie ein Archäologieseminar während meines Auslandsstudiums in Tours besuchte. Das Studium der Hilfswissenschaften hat mir den Weg hin zu einem methodisch reflektierten Umgang mit dokumentarischen Quellen sehr erleichtert. In Erinnerung bleibt mir auch eine schöne Exkursion, ein Tagesausflug, zur Kelten-Ausstellung in Rosenheim. Da man sich im Studium nur selten mit den Randkulturen der griechisch-römischen Welt beschäftigt, war dies ein willkommener Einblick in eine nicht-mediterrane Hochkultur, die aber Europa vor den Römern entscheidend geprägt hat.
Geschichtsstudenten sollten sich auf spätere Berufsfelder vorbereiten, indem sie zum einen breit studieren, zum anderen Praktika in verschiedenen Institutionen absolvieren. Insbesondere sind auch Fremdsprachenkenntnisse wichtig. Englisch alleine reicht nicht aus! Auch ein Auslandsaufenthalt ist dringend zu empfehlen.
Wie sind Sie zu dieser Tätigkeit gekommen?
Sehr früh im Studium war mir klar, dass ich mich auf die Alte Geschichte spezialisieren würde (s. oben). Ich erwarb die Zusatzqualifikation „Historische Hilfswissenschaften“ mit einem Schwerpunkt in der Alten Geschichte und begann, nachdem ich scheinfrei war, mit dem Erlernen des Altgriechischen. Parallel arbeitete ich an meiner Zulassungsarbeit in der Alten Geschichte. Es war die schönste, weil freieste Zeit in meinem Studium. An den Abenden besuchte ich viele Gastvorträge, v.a. natürlich das Augsburger Altertumswissenschaftliche Kolloquium, so dass hier viele Fäden zusammenkamen.
Auf Anraten meines Betreuers Gunther Gottlieb wechselte ich zur Promotion an die Universität Heidelberg, um mich dort bei Géza Alföldy weiter in der römischen Sozialgeschichte zu qualifizieren. Während meiner Assistentenzeit in Heidelberg hatte ich die Chance, ein Feodor-Lynen Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Emory University in Atlanta wahrzunehmen. Durch diese USA Kontakte und die Lehrerfahrung, die ich in Emory sammeln konnte, war es mir dann möglich, an der University of North Carolina at Chapel Hill zunächst als Assistant, später als Associate Professor of Classics (Lebenszeitstelle) zu lehren und zu forschen. Während dieser Jahre habilitierte ich mich extern bei Gregor Weber in Augsburg, meiner alma mater. Die Habilitation war die Voraussetzung für Bewerbungen auf Professuren in Deutschland. 2010 kam dann schließlich der Ruf der Universität Hamburg, so dass ich 2011 nach Deutschland zurückkehrte.
Worin besteht genau Ihre Aufgabe im Beruf? Wie sieht der konkrete Arbeitsalltag aus?
Mein Arbeitsalltag ist von vielen verschiedenen Tätigkeiten geprägt und daher immer recht abwechslungsreich. Den Großteil meiner Zeit nimmt die Lehre ein, nicht nur das Unterrichten (9 Semesterwochenstunden), sondern auch die Vor- und Nachbereitung der Kurse, ihre Verwaltung (über das System STine) sowie die Korrektur und Bewertung von Arbeiten aller Art.
Daneben finden in der Vorlesungszeit auch viele Gremiensitzungen statt, die zur akademischen Selbstverwaltung gehören. Hier ist man in verschiedenen Funktionen eingebunden. Größere Aufgaben waren das Sprecheramt (Leitung des Fachbereichs Geschichte), das Amt des stellvertretenden Sprechers und, ein Engagement fürs Fach jenseits der eigenen Universität, des Ersten Vorsitzenden der Mommsen-Gesellschaft.
Eine wichtige weitere Säule stellt das Einwerben von Drittmitteln dar, das besonders zeitaufwändig ist, v.a., wenn man Verbünde aufzubauen versucht. Last but not least, sollte man immer versuchen, auch Individualforschung zu betreiben, also Bücher und Aufsätze zu schreiben. Leider bleibt dafür im universitären Alltagsgeschäft oftmals nicht mehr viel Zeit übrig, so dass die Forschung eher zu einer ‚Freizeitbeschäftigung‘ zu werden droht. Insgesamt handelt sich m.E. also um einen sehr freien Beruf in dem Sinne, dass man die Inhalte, mit denen man sich beschäftigt, im Wesentlichen selbst wählen kann, ein großes Privileg in unserer Arbeitswelt!
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