Geschichte des Hafens von Jaffa in Antike und Mittelalter

Beitrag von Gabriele Victoria Schaffner

 

Jaffa wurde bereits vor der Mittleren Bronzezeit und vermutlich durch die Hyksos gegründet. Epigraphische und architektonische Elemente weisen in der Folgezeit auf eine ägyptische Herrschaft hin. Noch heute sind auf dem Tel Yafo Überreste aus dieser Zeit erhalten geblieben. So kann man am Fuße des Tels die Rekonstruktion eines Tores aus der Zeit Ramses II., das zwischen 1279–1213 v.Chr. erbaut wurde, besichtigen. Die Funde und Befunde weisen bereits für diese Zeit auf die politische und auch wirtschaftliche Bedeutung der Hafenstadt hin.         

 

Abb. 1: Tor von Ramses II. im Sha'ar Ramses Garden.

 

Die Herrschaft der Ägypter endete mit dem Einfall der Seevölker um 1200 v.Chr. und Jaffa wurde Teil des Philistergebietes. Die Philister kamen wohl aus dem ägäischen Raum.

 

 

Antike

Im einzigen griechischen in Palästina spielendem Mythos, dem Andromeda-Mythos, wird das Gründungsdatum Jaffas bereits in das 14. Jahrhundert datiert. Die Mythe berichtet davon, wie sich die Königin Kassiopeia damit rühmte, dass sie und ihre Tochter schöner als die Nereiden seien. Daraufhin sandte Poseidon eine Sturmflut nach Jaffa. Um das Unglück abzuwenden, sollte Andromeda dem Seeungeheuer Keto als Opfer dargebracht werden, weshalb sie an einen Felsen im Hafen gekettet wurde:

 

„Dort hatte der ungerechte Ammon Andromeda unverdient für die Reden ihrer Mutter büßen lassen. Sobald der Urenkel des Abas [Perseus] ihre Arme an die harten Felsen gefesselt sah […], ergreift ihn unbemerkt die Liebesglut. Er staunt. Hingerissen vom Anblick der schönen Gestalt, hätte er beinahe vergessen, in der Luft mit den Flügeln zu schlagen. Kaum stand er auf festem Boden, sprach er: „Du verdienst nicht diese Ketten, sondern diejenigen, mit denen sich sehnsüchtig Liebende verbinden. Verrate mir auf meine Frage den Namen deines Landes und den deinen und warum du gefesselt bist.“ […] Doch noch ehe alles erzählt war, rauschte das Wasser auf. Vom unermesslichen Meer kommt ein bedrohliches Untier und nimmt mit seiner Brust die weite Meeresfläche ein. […]“ (Ov. met. IV, 670-691.)

 

Perseus traf mit Andromedas Eltern ein Arrangement: die Rettung ihrer Tochter im Gegenzug für deren Hand und das elterliche Königreich.

 

„[…] so warf sich Perseus kopfüber in schnellem Flug durchs Leere, landete auf dem Rücken des Tieres und stieß dem Schnaubenden das Schwert bis zum gekrümmten Haken in den rechten Bug. […] Das Ungeheuer speit Meerwasser, vermischt mit purpurnem Blut. […] Cassiope und der Vater Cepeus freuen sich, begrüßen ihn als Schwiegersohn und bekennen, er sei der Retter ihres Hauses. Von den Ketten befreit schreitet die Jungfrau einher. Sie ist der Lohn und die Ursache der Mühen.“ (Ov. met. IVT, 718-739.)

 

Nach der Schlacht mit dem Ungeheuer wird von der Bettung des von Perseus mitgeführten Medusahauptes aus einer vorangegangenen Schlacht in Seepflanzen berichtet. Diese hätten die magischen Kräfte Medusas angenommen und sich so in Korallen verwandelt, u.a. in die der im Hafen von Jaffa vorkommenden Korallenriffe.

 

Nach den Philistern stand das Gebiet ab dem 8. Jahrhundert v.Chr. unter assyrischer Oberherrschaft, nach 539 v.Chr. unter persischer und Jaffa erlebte eine Blütezeit. In dieser Zeit wurde Jaffa auch zu einem biblischen Schauplatz. Der Prophet Jona erhielt von Gott den Auftrag, in Ninive ein göttliches Strafgericht anzudrohen. Jona zog jedoch nach Jaffa und versuchte dieser Aufgabe zu entgehen und zur Grenze der Erde zu fahren:

 

„Es geschah das Wort des herrn zu Jona, dem Sohn des Amittais: Mache dich auf den Weg und gehe in die große Stadt Ninive und predige wider sie; denn ihre Bosheit ist vor mich gekommen. Aber Jona machte sich auf und wollte vor dem herrn nach Tarsis fliehen und kam hinab nach Jafo. Und als er ein Schiff fand, das nach Tarsis fahren wollte, gab er Fährgeld und trat hinein, um mit ihm nach Tarsis zu fahren, weit weg vom herrn.“ (Jona 1,1-3.)

 

Gott ließ daraufhin einen Sturm aufkommen, die Schiffsbesetzung gab Jona die Schuld am Unwetter und warf ihn über Bord. Im Meer wurde er von einem von Gott gesandten großen Fisch verschluckt und verharrte drei Tage und Nächte betend in dessen Magen, bis er schließlich am Strand von Ninive ausgespuckt wurde. In Ninive predigte Jona vor dem König dann das göttliche Strafgericht. Daraufhin fastete die Bevölkerung der Stadt, kleidete sich in Säcke, beendete ihr frevelhaftes Treiben und betete zu Gott. Als Gott dies sah, verschonte er sie.

 

Abb. 2: Jona wird von einem großen Fisch ausgespuckt. Ausschnitt des Wandmosaiks aus dem Shalom Meir Tower in Tel Aviv, dem ältesten Beton-Hochhaus der Stadt.

 

In hellenistischer Zeit stand Jaffa unter Regentschaft der Ptolemäerdynastie und unterlag seleukidischer Verwaltung (3. und 2. Jahrhundert v.Chr.). Nach den Aufständen der Hasmonäer/Makkabäer 167 v.Chr. war das Gebiet umkämpft und auch der Hafen wurde zu einem Schauplatz der Gewalt:

 

„Die Leute von Joppe aber begingen ein himmelschreiendes Unrecht: Sie beredeten die Juden, die bei ihnen wohnten, mit ihren Frauen und Kindern in Boote zu steigen, als wären sie gut Freund mit ihnen. Das geschah aber auf den allgemeinen Beschluss der Stadt. Als nun die Juden das annahmen, weil sie möglichst Frieden halten wollten und keinerlei Verdacht hegten, fuhr man sie hinaus aufs Meer und ertränkte sie, nicht weniger als zweihundert Personen. Als nun Judas hörte, wie grausam man mit seinen Landsleuten gehandelt hatte, bot er seine Männer auf. […] Darum überfiel er auch sie bei Nacht und verbrannte den Hafen und alle Schiffe, sodass man das Feuer in Jerusalem sah, das doch 240 Stadien davon entfernt liegt.“ (2 Makk 12,1-9.)

 

Im Jahr 147 v.Chr. fiel die Stadt schließlich in jüdische Hand, eine jüdische Stadt wurde Jaffa allerdings erst unter Simon, der die heidnischen Einwohner aus der Stadt vertrieb (s. 1. Makk. 13,11).

 

Doch die jüdische Herrschaft währte nicht lange. 63 v.Chr. eroberte Pompeius Judäa und das Gebiet wurde römische Provinz. Kurzzeitig verschenkte Antonius die Stadt an Kleopatra, die Herrschaft fiel dann an Herodes und nach seinem Tod an Herodes Archelaos. Wie numismatische Quellen zeigen, stationierte Archelaos Kriegsschiffe in den Häfen von Jaffa und Caesarea. Die Hafenanlage war also nicht nur für den Handel, sondern auch für die Kriegsführung ein wichtiger Standort.

 

Um diese Zeit wirkte auch Petrus in Jaffa, was die Pilgerreisen mit Landung an diesem Hafen erklärt. Petrus ließ in der Stadt die Christusjüngerin Tabitha wiederauferstehen:

 

„Und als Petrus sie alle hinausgetrieben hatte, kniete er nieder, betete und wandte sich zu dem Leichnam und sprach: Tabita, steh auf! Und sie schlug ihre Augen auf; und als sie Petrus sah, setzte sie sich auf. […]“ (Apg 9,40.)

 

Das Grab der Tabitha wurde später zu einem Pilgerziel, ebenso die 1654 erbaute Sankt Peter Kirche in Jaffa, sowie das Haus Simons nahe dem Hafen, in dem Petrus während seines Aufenthalts in Jaffa unterkam:

 

„Und es geschah, dass Petrus einige Zeit in Joppe blieb bei einem Simon, der ein Gerber war.“ (Apg 9,43.)

 

„Und nun sende Männer nach Joppe und lass holen Simon mit dem Beinamen Petrus. Der ist zu Gast bei einem Gerber Simon, dessen Haus am Meer liegt.“ (Apg 10,5-6.)

 

In die Zeit des Wirkens Petrus fällt auch die Beschreibung Jaffas durch den antiken Geschichtsschreiber und Geograph Strabo:  

 

„Dann Joppe, bei welcher sich die vorher von Ägypten aus gen Osten gerichtete Küste merklich gegen Norden hin krümmt. Hier wurde, wie einige fabeln, Andromeda dem Walfische ausgesetzt. Der Ort aber liegt auf einer bedeutenden Anhöhe, so dass man von ihm aus Hierosolyma, die Hauptstadt der Judäer erblicken soll. Und in der Tat benutzen auch die bis zur See hinabreichenden Judäer diesen Ort als Hafenplatz; die Hafenplätze der Räuber aber sind Raubnester.“ (Strab. XVI,II,28.)

 

Die Aussage von Jaffa aus Jerusalem sehen zu können, ist jedoch zu aufgrund der Entfernung der Städte zu widerlegen.

 

Die Einwohner Jaffas beteiligten sich 66 n.Chr. am Jüdischen Krieg, bei dem die Stadt zwei Mal verwüstet wurde und als Neugründung der Flavier wiederaufgebaut wurde. Die Stadt und der Hafen verloren dann jedoch an Einfluss, weil der Hafen in Caesarea eine immer größere Rolle zu spielen begann.

 

 

Mittelalter

Im Mittelalter war der Hafen von Jaffa einer der Hauptlandungsorte für Pilger. Vor dem ersten Kreuzzug wurden die meisten dorthin geschifft, da die Küstenstadt am nächsten an Jerusalem lag.

 

Nachdem Jaffa 1099 durch Gottfried von Bouillon erobert und im Folgejahr befestigt wurde, zog es noch mehr Reisende aus dem Abendland an. Es war zu diesem Zeitpunkt militärisch und wirtschaftlich ein wichtiger geostrategischer Standort.

 

Doch dies währte nicht lange, denn nach der Eroberung Akkons 1104 wurde der dortige Hafen zum Haupthafen des fränkischen Königreiches und man zog ihn dem ungeschützteren Hafen in Jaffa vor.

 

Das Anlegen im Hafen von Jaffa galt – vor allem für Galeeren – aufgrund von (Korallen-)Riffen und einem gefährlichen Südwind als schwierig und gefährlich. Einige Schiffe gingen vor der Küste unter, die sich an Bord befindenden Pilger ertranken.

 

Jaffa war zudem nicht immer ein ungefährliches Pflaster, da es nicht dauerhaft in Kreuzfahrerhand lag: so wurde es 1187 von Saladin erobert. Aufgrund dessen reisten ab 1187 die Pilger verstärkt nach Akkon und von dort aus durch fränkische Territorien zu den Pilgerstätten.

 

Durch die Rückgewinnung der Stadt im Jahr 1191 durch Richard Löwenherz wurde die Landung in Jaffa für Pilger wieder attraktiver. Zudem war die Rückgabe Bethlehems, Jerusalems, Lyddas und Nazareths an die Christen durch den 1229 zwischen Friedrich II. und dem Sultan al-Kamil geschlossenen Frieden von Jaffa zuträglich für Pilgervorhaben.

 

Im Jahr 1268 wurde Jaffa von den Mameluken erobert und die Herrschaft der Kreuzfahrer endete dort. Nach dieser Eroberung war die Stadt weitestgehend entvölkert, zerstört und verlor an Einfluss. Das Ende des Königreichs Jerusalems 1291 war zugleich das Ende von Akkon als Landungshafen für Pilger, weshalb Jaffa und Alexandria es als Landungs- und Durchreiseort ablösten.

 

Auch im Spätmittelalter reisten noch Pilger nach Jaffa, wenn auch nicht so zahlreich wie zuvor. Akkon und Jaffa waren wohl in dieser Zeit die Hauptlandungsorte für Pilgernde. In diesem Zeitraum entstanden auch zahlreiche Pilgerberichte. In einem von ihnen berichtet der ehemalige Augustiner Jakob von Bern von seiner beschwerlichen Reise ins Heilige Land im Jahr 1346. Er reiste per Galeere zuerst nach Zypern und fuhr von dort aus nach Jaffa:

 

„[…] und als wir nahe zu dem Heiligen Lande kamen, blies uns ein starker Wind entgegen und führte uns gen Cäsarea. Dort wären wir fast schiffbrüchig geworden. […] Und nach seinem Wohlgefallen sandte uns Gott an dem letzten Sonntage des Monats Juli seine Gnade, und mit glückhaftem Winde kamen wir gegen den Hafen von Gapha (Jaffa), stunden die ganze Nacht außerhalb des Hafens und giengen früh an dem Montag auf das werte Erdreich mit Erlaubnis der Saracenen. […] Gapha hat einst Joppe geheißen und liegt in einem Winkel des Meeres […] Joppe ist einst die edelste Stadt gewesen, gelegen auf einem Hügel, mit großen Mauern und Gebäuden geziert, aber jetzt von den Saracenen ganz zerstört; die Zinnen sind in das Meer geworfen, und wohnt niemand mehr dort, nur die sechs Saracenen hüten den Eingang.“ (Jakob von Bern, Reise nach dem Heiligen Land, Kapitel Cypern und Jaffa, S. 54.)

 

Seit den 1380er Jahren richtete Venedig sogar einen regulären Galeerenverkehr nach Jaffa ein. Die Planung der Pilgerschaft wurde seit der Herrschaft der Mameluken aber immer aufwändiger und die Venezianer boten nach und nach organisierte Pilgerreisen an.

 

Wie auch schon im Pilgerbericht Felix Fabris beschrieben, lief trotzdem nicht alles immer reibungslos: man musste auf der Reise oft unerwartete Steuern oder Schutzgeld entrichten und durfte erst das Land betreten, wenn man eine Genehmigung bekam. Dies bedeutete manchmal tagelanges Ausharren im Hafen auf der Galeere.

 

Abb. 3: Karte des Hafengebiets Jaffas mit dem Tel Yafo im Zentrum.

 

I-III kennzeichnet archäologische Grabungsfelder. 

A: Rekonstruktion des Tores Ramses II. im Abschnitt des Sha’ar Ramses Parks.

B: Andromedafels. Die Schatten um den Felsen markieren die unter Wasser verborgenen (Korallen-)Riffe.

C: Haus Simon des Gerbers.

D: Petruskirche.

E: Wal-Brunnen.

F: Museum (The Old Saraya And Soap Factory).

 

 

Quellen

                                             

  • Deutsche Bibelgesellschaft (Hg.), Die Bibel. Nach Martin Luthers Übersetzung. Lutherbibel revidiert 2017 mit Apokryphen, Stuttgart 2017.
  • Khull, Ferdinand (Hg.), Zweier deutscher Ordensleute Pilgerfahrten nach Jerusalem in den Jahren 1333 und 1346 nach ihren eigenen Aufzeichnungen erzählt. Nebst einer Beigabe: Beschreibung des Heiligen Landes durch Johann von Würzburg (1170), Graz 1895.  
  • Ovid, Metamorphosen. Lateinisch / Deutsch, übers. u. hg. v. Michael von Albrecht (RUB; Nr.  1360), Stuttgart 32015.
  • Strabo, Geographica, hg. u. übers. v. A. Forbinger, Wiesbaden 32017.

 

 

Literatur

  • Blackmann, D. J., Ancient Harbours in the Mediterranean, in: International Journal of Nautical Archaeology 11 (1982), S. 79-104 und 185-211.
  • Feuser, Stefan, Hafendarstellungen der römischen Kaiserzeit, in: AW 45/2 (2014), S. 25-30.
  • Gerke, Friedrich, Die christlichen Sarkophage der vorkonstantinischen Zeit (Studien zur spätantiken Kunstgeschichte; Bd. 11), Berlin 1940; Nachdr. 1978.
  • Gorys, Erhard, Heiliges Land. Ein 10000 Jahre altes Kulturland zwischen Mittelmeer, Rotem Meer und Jordan, Ostfildern 72009.
  • Jacoby, David, Ports of Pilgrimage to the Holy Land, Eleventh-Fourteenth Century: Jaffa, Acre, Alexandria, in: The Holy Portolano. The Sacred Geography of Navigation in the Middle Ages (Scrinium Friburgense; Bd. 36), hg. v. Michele Bacci/ Martin Rohde, Berlin u.a. 2014, S. 51-71.
  • Liwak, Rüdiger, s.v. Ioppe, in: DNP 5 (1998), Sp. 1085.
  • Podella, Thomas/ pahlitzsch, Johannes, s.v. Palaestina, in: DNP 9 (2000), Sp. 160-162.
  • Keel, Othmar/ küchler, Max, Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studienreiseführer zum Heiligen Land. Band 2: Der Süden, Zürich u.a. 1982.
  • Stein, Claudia, Tel Aviv. Der Reiseführer, Norderstedt 72017.

 

 

Internetressourcen

 

Abbildungen

Abb. 1–3: © Gabriele Schaffner, 2018.

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