Tempelberg: Der ehemalige Tempel Salomos und die Klagemauer

Beitrag von Iris Hoffmann

 

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Abb. 1: Südmauer des Tempelbergs in Jerusalem.

 

 

Der Tempel Salomos

Nach jüdischem Glauben ließ König Salomo einen Tempel um 950 v. Chr. bauen. In der Bibel wird beschrieben, dass sein Vater David den dafür vorgesehenen Platz für 600 Goldschekel kaufte (1. Chr. 21,18-30). Diese Stelle wird in deuteronomischen Quellen als Platz ohne Vorgeschichte bezeichnet. In chronistischen Quellen heißt es, er wurde an jener Stelle errichtet, an der Gott Abraham befohlen hatte, seinen Sohn Isaak zu Opfern. Außerdem wird der sich heute im Felsendom befindliche Fels als jener identifiziert, auf dem die Opferung stattfinden sollte (2. Chr. 3,1). Zwei Beschreibungen des Tempels finden sich ebenfalls in der Bibel (1.Kön 6-7; 2. Chr. 2-4). Aus diesen lässt sich folgern, dass es sich um einen Langraumtempel mit drei Räumen gehandelt haben könnte: der Vorhalle (Ulam), dem Haupt- und Kultraum (Hekal) und dem vollständig mit Gold überzogenen Allerheiligsten (Debir).

 

In diesem heiligsten Teil des Tempels soll die Bundeslade verwahrt worden sein. Sie gilt als Zeichen der Anwesenheit Gottes. Außerdem befand sich im Inneren des Schreins der Kerubenthron, der irdische Sitz JHWHs, welcher ebenfalls detailliert beschrieben wird (1. Kön. 6,23-28). Dieses Allerheiligste lag wahrscheinlich im Westen. Bei Hesekiel findet sich die Anmerkung, dass sich der Eingang im Osten befand (Ez. 8,16). Ob der Tempel exakt in Ost-West-Richtung orientiert war, lässt sich nicht bestimmen. Vergleichsbauten in Syrien und Palästina waren oftmals ohne Orientierung an den Himmelsrichtungen gebaut und an die landschaftlichen Gegebenheiten angepasst. Des Weiteren wurden jene zeitgenössischen Vergleichsbauten auch für die Rekonstruktionen des Tempels herangezogen, neben den biblischen Berichten. Auch die Tempelvision des Hesekiel (Ez. 40-42) dient als Referenz.

 

 

Zerstörung der Tempel

Im Jahr 586 v. Chr. wurde der Tempel von den Babyloniern zerstört. Bei einer Grabung sollen Spuren unter Steinschichten aus jener Zeit gefunden worden sein, welche nicht nur eine Besiedlung nachwiesen, sondern auch „Stempel einer Rosette auf, wie sie für Verwaltungssysteme der damaligen Judäischen Dynastie charakteristisch waren“ (ORF 2017). Nachdem die Juden 40 Jahre später aus dem Exil zurückkehrten, wurde der Tempel wiederaufgebaut.

 

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Abb. 2: Tempelberg zu Zeiten Herodes – Rekonstruktion.

 

Herodes ließ 21 v. Chr. den zweiten Tempel errichten mit den Maßen des salomonischen Tempels, aber um ein Vielfaches prächtiger. Dieser Tempel wurde im Jahr 70 n. Chr. durch den römischen Feldherrn Titus geschliffen. Einzig ein Teil der Westmauer blieb bis heute stehen, die Klagemauer (ha-kotel).

 

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Abb. 3: Jerusalem Modell, herodianischer Tempel.

 

 

Die Klagemauer

Warum gerade dieser Teil der Mauer stehen blieb, dafür gibt es verschiedene Geschichten und Annahmen. So kann die Belassung eines Teils des zerstörten Bauwerks als Denkmal eines Feldzuges gesehen werden, welches die Ausmaße des Sieges der Legionen zeigt. Auch könnte es als Warnung für die Bevölkerung vor der Macht Roms gelten. Daneben gibt es gegenteilige Berichte aus Quellen die besagen, die Römer und besonders Titus hatten nicht vor, ein Monument mit solchem Prestige zu zerstören. Obwohl es römische Praktik war, Symbole des Widerstandes zu vernichten. Und als solches, des säkulären und religiösen jüdischen Widerstandes, galt der Tempel. Warum der Tempel dennoch zerstört wurde, bleibt bis heute umstritten. Eine Überlieferung in Klagelieder Rabbah 1:30 berichtet davon, dass Titus vier Generäle je einen Teil der vier Mauern zerstören ließ. Ein arabischer Graf namens Pengar soll für die Westmauer zuständig gewesen sein, wollte sie aber als sichtbares Merkmal stehen lassen, welches zeigt, wie groß und eindrucksvoll der Tempel gewesen war.

 

Heute dient die Klagemauer nicht nur als Gebetsort, es werden auch die Soldaten des Luftabwehr Regiments und die Fallschirmjäger dort vereidigt, in Andenken an die Befreiung von Ost Jerusalem und der Mauer im Sechstagekrieg durch Truppen der Fallschirmjäger.

 

 

Grabungen am Tempelberg

"Jeder Spatenstich kann ein Beben auslösen und jede gefundene Scherbe einen Glaubenskrieg" (Siebke 1990). Bislang kam es zu keinem archäologischen Nachweis des Tempels. Dies hängt auch damit zusammen, dass seine Lage auf dem Haram asch-Scharif (= Erhabenes Heiligtum) angenommen wird und Untersuchungen im heiligen Bezirk der Muslime nicht gewollt sind. Des Weiteren wird vermutet, dass selbst bei einer systematischen Grabung keine Ergebnisse zutage kämen, da die Bauplattform des Nachfolgebaus, der 19 v. Chr. von Herodes errichtete zweite Tempel, teilweise bis zu 50 m hoch aufgeschüttet wurde und sich darin kaum eindeutige Spuren nachweisen lassen könnten. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass für den Neubau die Ruinen des salomonischen Tempels beseitigt wurden und somit ein Fund unmöglich wäre. Auch wenn es häufig als Sensation betitelte Funde gibt, die einen Tempel bezeugen, sind diese umstritten und gelten meist als Fälschungen. Bekanntestes Objekt ist ein Elfenbein Granatapfel mit der Inschrift „dem Tempel [Jahw]es zugehörig als Heiliges der Priester“. Dieser tauchte 1979 in einem Jerusalemer Antiquitätengeschäft auf und wurde in das späte 8. Jahrhundert vor Chr. datiert. Er galt lange als bedeutendes Objekt der jüdischen Geschichte, bis 2004 israelische Wissenschaftler bei einer erneuten Untersuchung herausfanden, dass das Objekt aus dem 13. Bis 14. Jh. vor Chr. stammt und somit wesentlich älter ist. Die Inschrift wurde auch erst deutlich später angebracht. Da die Muslime der Überzeugung sind, dass es nie einen Tempel gegeben hat, ist man auf jüdischer Seite bestrebt, gegenteiliges zu beweisen. Auch um territoriale Ansprüche fundiert geltend zu machen, aber auch um der eigenen Identität Willen. Es sollten möglichst Spuren jüdischer Vorgeschichte gefunden werden.

 

Das Haager Abkommen von 1954 verbietet Grabungen in besetzten Gebieten, jedoch hielt sich Israel nicht daran. Daraus folgte, dass Israel aus der UNESCO ausgeschlossen wurde. Mit dem Abkommen von Oslo bekamen die Palästinenser 1993 die Erlaubnis, Grabungen durchzuführen.  Nun werfen sich beide Parteien vor, durch Grabungen das Kulturerbe des anderen, durchaus gewollt, zu zerstören.

 

Literatur

  • Ben-Dov, Meir: Die Westmauer. Tel-Aviv, 1988.
  • Lauer, Simon: Tempelkult und Tempelzerstörung (70 n. Chr.). Interpretationen. Bern 1994.
  • Naredi-Rainer, Paul von: Salomos Tempel und das Abendland. Monumentale Folgen historischer Irrtümer. Köln 1994.
  • Rupprecht, Konrad: Der Tempel von Jerusalem. Gründung Salomos oder jebusitisches Erbe? Berlin 1977.
  • Siebke, Horst: Und so baue ich mir ein Haus. Vom Tempel Salomos zur Klagemauer. München 1990.
  • Zwickel, Wolfgang: Der Salomonische Tempel. Mainz 1999.

Internetquellen

Abbildungen

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