Johannes Isépy
Aktuelles Forschungsvorhaben
Die aus dem 6. Jh. stammende Schrift mit dem Titel „In defensione trium capitolorum“ (Verteidigungsschrift für die Drei Kapitel) lag lange Jahrhunderte im Verborgenen einer französischen Klosterbibliothek. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Handschrift wiederentdeckt und 1932 kritisch ediert. Der Text wurde unter abenteuerlichen Umständen von einem römischen Diakon namens Pelagius verfasst, der später zum ersten Papst (556–561) dieses Namens avancierte. Somit bietet er einen besonderen Blickwinkel auf gewisse Geschehnisse des 6. Jahrhunderts: Die Schrift steht im weiteren Kontext der christologischen Auseinandersetzungen nach dem Konzil von Chalkedon (451). Mit der Absicht, eine Befriedung herbeizuführen, verurteilte Kaiser Justinian (527–565) 551 in einem Dekret die sogenannten Drei Kapitel als nestorianische Häresie. Gemeint sind damit drei Theologen und theologische Werke aus ihrer Feder, nämlich Theodor von Mopsuestia (gest. 428), Theodoret von Kyrrhos (gest. 466) und Ibas von Edessa (gest. 457). Statt einer Befriedung schwelte der erbittert geführte Streit weiter, und Papst Vigilius (537–555) sah sich gezwungen, auf dem Zweiten Konzil von Konstantinopel (553) die kaiserliche Verurteilung mitzutragen. Hier setzt die Verteidigungsschrift des Pelagius – selbst Teilnehmer am Konzil und Begleiter des Vigilius, nun aber wegen seines Widerstandes in kaiserlicher Haft – an: Pelagius spricht sich, damit voll auf Linie vieler westlicher Bischöfe, v.a. Oberitaliens, temperamentvoll gegen eine Verurteilung der drei Theologen aus. Paradoxerweise sollte er die „tria capitula“, die er in der genannten Schrift noch verteidigte, als Bischof von Rom selbst verurteilen. Wohl aufgrund dieser seiner späteren revidierten Haltung war dieser Text lange Zeit verschollen. Der lateinische Text, der nur durch eine Handschrift aus dem 9. Jh. (Ms. Aurelianensis 73 [70]) überliefert ist, liegt in einer verdienstvollen Edition von R. Devreesse (1932) vor (ergänzende Bemerkungen von Abramowski 1956). In einer Lizentiatsarbeit im Fachbereich Alte Kirchengeschichte und Patrologie soll nun eine deutsche Übersetzung, Kommentierung und inhaltliche Kontextualisierung von „In defensione trium capitolorum“ vorgelegt werden.