Geschichte der Oettingen-Wallersteinschen Bibliothek
Frühe Spuren; Bibliophiles aus dem Hause Fugger
Die Grafschaft Oettingen breitete sich im Laufe des 13. und 14. Jhdts. über weite Teile des Rieses aus und entwickelte sich zu einem der größeren schwäbischen Territorien, dessen geographische Lage für Handelszwecke günstig war, sich in Kriegszeiten jedoch auch als nachteilig erwies.
Einige erhaltene Bücherverzeichnisse belegen, dass die Grafen von Oettingen bereits im 15. Jhdt. eine beachtliche Bibliothek besaßen. Gut vertreten war, wie bei einem adeligen Laienpublikum zu erwarten, insbesondere deutschsprachige Literatur, z.B. die höfische und heroische Epik (Nibelungenlied, Wolfram von Eschenbach, Hartmann von Aue). Von diesen Beständen ist in der heutigen Oettingen-Wallersteinschen Bibliothek nur noch wenig erhalten.
Gegen Ende des 15. Jhdts. entstanden die beiden räumlich relativ geschlossenen Teilgrafschaften Oettingen-Oettingen (östliches Ries, nördliche/südliche Randgebiete) und Oettingen-Wallerstein (Westries, westliche Randgebiete), von denen sich Oettingen-Oettingen später der Reformation anschloss. Das 17. Jhdt. brachte eine Aufspaltung von Oettingen-Wallerstein in drei Teilgebiete (Oettingen-Wallerstein, Oettingen-Baldern, Oettingen-Spielberg).
Bibliotheksgeschichtlich von besonderem Interesse ist im 17. Jhdt. Graf Ernst II. von Oettingen-Wallerstein (1594-1670). Er vereinigte die bis dahin innerhalb seiner Familie verstreuten Buchbestände mit seinen eigenen und brachte die Bibliothek in das Familienfideikommiss ein, d.h., sie wurde damit zum unveräußerlichen Familienbesitz. Wohl kurz nach 1653 konnte er die bedeutende Bibliothek seines Schwagers Marquart Fugger erwerben, in die ihrerseits die Bestände der Bibliothek von Marquarts Großvater Marcus (Marx) Fugger eingeflossen waren. Die Fugger-Bibliothek ist in der heutigen Oettingen-Wallersteinschen Bibliothek zum Teil noch erhalten. Sie enthält u.a. humanistische Texte, zahlreiche Fecht-, Ringer- und Turnierbücher des 15. und 16. Jhdts. und hippologische Literatur. Besonders wertvoll sind einige reich verzierte Renaissanceeinbände.
Bücher und Noten: Fürst Kraft Ernst von Oettingen-Wallerstein
Im 18. Jhdt. wurde Oettingen-Wallerstein zur bedeutendsten Teilgrafschaft, da ihr 1731 das Gebiet der im Mannesstamm erloschenen Linie Oettingen-Oettingen zufiel. Die beherrschende Gestalt des 18. Jhdts. war Kraft Ernst von Oettingen-Wallerstein (1748 – 1802), der seit 1773 regierte und 1774 in den Reichsfürstenstand erhoben wurde. Die erhaltenen Dokumente zeichnen das Bild eines für die verschiedensten politischen, sozialen, wirtschaftlichen und nicht zuletzt kulturellen Belange aufgeschlossenen Mannes mit gelegentlich exzentrischen Charakterzügen.
Der Ausbau seiner Bibliothek lag Kraft Ernst besonders am Herzen. In großem Stile sammelte er das deutsch- und fremdsprachige (insbesondere französische) Schrifttum seiner Zeit und trug so entscheidend dazu bei, dass die zweite Hälfte des 18. Jhdts. den quantitativen Schwerpunkt der Druckbestände der heutigen Bibliothek bildet. Hervorzuheben ist daneben der Erwerb einer Reihe mittelalterlicher Handschriften, darunter erlesene Einzelstücke wie ein karolingisches Evangeliar aus Salzburg oder der Nekrolog von St. Emmeram in Regensburg. Dem Repräsentationsbedürfnis seiner Zeit gehorchend, ließ Kraft Ernst eine Reihe seiner Handschriften aufwändig neu binden, was auch zu Randbeschneidungen führte, die ein einheitliches Format der Bände garantieren sollten – aus heutiger Sicht höchst bedauerliche Maßnahmen.
Zu den besonderen Leidenschaften Kraft Ernsts gehörte auch die Musik. Seine Hofkapelle, für die das Mannheimer Orchester als Vorbild diente, setzte sich aus vorzüglichen Instrumentalisten zusammen (berühmt waren insbesondere die Bläser), von denen einige auch namhafte Komponisten waren. Als bedeutendster Komponist in Diensten Kraft Ernsts ist Antonio Rosetti (1750 – 1792) zu nennen.
Selbstverständlich schlug sich die fürstliche Musikliebe auch in der Bibliothek nieder, die noch heute einen wertvollen Bestand an Musikhandschriften und –drucken umfasst, darunter zahlreiche Autographen von Mitgliedern der Hofkapelle und zeitgenössische Handschriften von Werken der Wiener Schule. Besonders schätze der Fürst Joseph Haydn, bei dem er auch selbst Streichquartette und Symphonien bestellte. Diese musikalische Blüte blieb auf die Regierungsjahre Kraft Ernsts beschränkt: Unter seinen Nachfolgern sank das Musikleben am fürstlichen Hof rasch auf provinzielles Niveau.
Das Erbe des Dompropstes
Franz Wilhelm von Oettingen-Baldern, der seit 1745 dem Kölner Domkapitel angehörte und zuletzt die Ämter des Dompropstes, des Kanzlers der Universität, des Domkustos und Domschatzmeisters bekleidete, flüchtete 1794 vor den französischen Revolutionstruppen aus dem Rheinland in seine schwäbische Heimat. Mit nach Baldern brachte er auch sein Kunst- und Münzkabinett sowie seine Bibliothek, beachtliche Sammlungen, denn Franz Wilhelm war gegenüber Kunst und Wissenschaft sehr aufgeschlossen. (In Köln hatte er u.a. engen Kontakt zum geistlichen Polyhistor Ferdinand Wallraf, dessen Sammlung altdeutscher und altniederländischer Malerei den Grundstock des Wallraf-Richartz-Museums bildete.)
Als Franz Wilhelm 1798 verstarb, die Balderner Linie damit im Mannesstamm erlosch und das Erbe an die Linie Oettingen-Wallerstein fiel, hatte dies weitreichende Folgen für deren Bibliothek, und zwar nicht nur wegen der Bücher aus dem Besitz Franz Wilhelms, die sie sich nun einverleiben konnte.
Denn durch die Heirat von Franz Wilhelms Großvater mit Maria Sidonia von Soetern im Jahr 1682 war die Besitzung Dachstuhl (Dagstuhl; im heutigen saarländischen Kreis Merzig-Waldern) in die Familie gekommen; und diese Besitzung gehörte zu den linksrheinischen deutschen Gebieten, die im Frieden von Lunéville 1801 an Frankreich fielen. Als Entschädigung dafür wurden dem Haus Oettingen-Wallerstein fünf säkularisierte Klöster zugesprochen, deren Bibliotheken der fürstlichen Bibliothek einen bedeutenden Bestandszuwachs von über 50000 Bänden brachten - zumal sie fast vollständig übernommen wurden und es nicht, wie oft andernorts, zur großzügigen Makulierung von als minderwertig betrachteter geistlicher Literatur (Erbauungsschrifttum u.ä.) kam.
Neben den im Ries gelegenen oettingischen Stiftungen Kirchheim (Zisterzienserinnen) und Maihingen (Minoriten) handelte es sich um die drei Benediktinerklöster Mönchsdeggingen (ebenfalls im Ries), Hl. Kreuz in Donauwörth und St. Mang in Füssen.
Kraft Ernst konnte sich an dieser Bereicherung seiner Bibliothek durch die Säkularisation nicht mehr erfreuen; er verstarb noch im Jahr 1802. Unter der Regentschaft seiner Witwe Wilhelmine Friederike, einer geborenen Prinzessin von Württemberg, wurden die Bücherbestände aus dem Säkularisationsgut, betreut von ehemaligen Klosterbibliothekaren, zunächst in Maihingen zusammengeführt und 1807 nach Mönchsdeggingen verlegt.
Säkularisationszuwachs I: Kirchheim
Das 1270 von Graf Ludwig II. von Oettingen gegründete Zisterzienserinnenkloster Kirchheim war als oettingisches Hauskloster eng mit der Familie verbunden, diente z.B. bis zur Reformation 70 Familienmitgliedern als Begräbnisstätte. Es geriet im 16. Jhdt. in das Spannungsfeld der konfessionellen Auseinandersetzungen zwischen der protestantischen Linie Oettingen-Oettingen und der katholischen Linie Oettingen-Wallerstein, entging aber der drohenden Aufhebung und konnte sich bis zur Säkularisation behaupten.
Bei der Bibliothek handelte es sich um eine nie systematisch ausgebaute Gebrauchsbibliothek von kleiner bis mittlerer Größe, in der, wie es für Frauenklöster charakteristisch war, Liturgica und deutschsprachige Gebets- und Erbauungsliteratur dominierten und wissenschaftliche Literatur im engeren Sinn fehlte.
Da die Schwestern nach der Säkularisation zunächst im Kloster verbleiben durften, erfolgte der Abtransport der Bibliothek erst 1831. Heute sind ca. 400 Bände aus Kirchheim in der Oettingen-Wallersteinschen Bibliothek nachweisbar.
Säkularisationszuwachs II: Maihingen
Zur Erfüllung eines nach einem lebensgefährlichen Pferdesturz abgelegten Gelübdes stiftete Graf Johann der Ernsthafte von Oettingen 1405 bei Maihingen eine Kapelle.
In der zweiten Hälfte des 15. Jhdts. entstand dann an dieser Stelle ein von Birgittinnen und Birgitten aus dem oberpfälzischen Gnadenberg besiedeltes Doppelkloster, wie es für den von der hl. Birgitta von Schweden gegründeten Orden typisch war. Aufgrund mangelhafter wirtschaftlicher Ausstattung erlebte das Kloster keine Blüte und wurde durch die Reformation und die Kriege des 16. Jhdts. derart geschwächt, dass es 1576 aufgegeben werden musste. Die Bibliothek war bereits 1525 im Bauernkrieg untergegangen; erhalten haben sich nur je ein Dutzend Handschriften und Inkunabeln sowie wenige Druckwerke des frühen 16. Jhdts.
1607 wurde das Kloster von den Franziskaner-Konventualen (Minoriten) der Straßburger Ordensprovinz übernommen, die hier bis zum Ende des 18. Jhdts. die Novizen der Oberdeutschen Provinz ausbildeten. In die Oettingen-Wallersteinsche Bibliothek gelangten über die Minoritenbibliothek ca. 1750 Bände .
Säkularisationszuwachs III: Mönchsdeggingen
Das der Überlieferung zufolge 959 von Otto dem Großen gestiftete und seit 1142 von Benediktinern besiedelte Mönchsdeggingen erlebte im 18. Jhdt. eine späte Blüte, die u.a. zu einer umfassenden Bautätigkeit führte. (Der damals entstandene Bibliothekssaal mit Fresken von Joseph Wannenmacher fiel leider den Abrissarbeiten der 1840er Jahre zum Opfer.)
Die Geschichte der Bibliotheksbestände ist bislang wenig erforscht und überschattet insbesondere von der Katastrophe des Jahres 1648, als der wegen des Krieges nach Schloss Wallerstein verbrachte Archiv- und Buchbestand des Klosters dort einem Brand zum Opfer fiel. In die Oettingen-Wallersteinsche Bibliothek gelangten ca. 3500 Bände.
Säkularisationszuwachs IV: Hl. Kreuz in Donauwörth
Das der Überlieferung nach im ersten Drittel des 11. Jhdts. im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Partikels vom Kreuz Christi durch den Grafen Mangold von Werd gegründete Kloster Hl. Kreuz in Donauwörth wurde um 1100 durch Benediktiner aus St. Blasien besiedelt, was einer Neugründung gleichkam.
Im Mittelalter erlebte das Kloster Blütephasen vor allem unter den Äbten Ulrich von Raitenbuch (1313-33) und Konrad Megenwart (1457-66). Als dessen Nachfolger Johannes III. Ströler 1473/74 wohl zum ersten Mal einen speziellen Raum als Bibliothek einrichten ließ, war längst eine große Büchersammlung zusammengetragen, zu der auch das hauseigene Skriptorium beigetragen hatte. Fast völlig vernichtet wurde die Bibliothek im Juli 1545, als im Zuge des Schmalkaldischen Krieges Truppen und Stadtbevölkerung das Kloster plünderten, wie die Reformationszeit überhaupt aufgrund der fortschreitenden Protestantisierung Donauwörths dem Kloster schwer zusetzte.
Die Gegenreformation und die Rekatholisierung Donauwörths unter der bayerischen Herrschaft (ab 1607) brachten jedoch einen neuen Aufschwung und bereits im frühen 17. Jhdt. konnte die Bibliothek wieder große Bücherzuwächse verzeichnen, die auch über den 30jährigen Krieg gerettet wurden: Eine drohende Konfiszierung der Buchbestände durch die Schweden im Jahr 1646 konnte knapp abgewendet werden.
Eine letzte Blüte, geprägt von vielfältigen wissenschaftlichen, literarischen und musikalischen Aktivitäten und durchdrungen vom Geist der katholischen Aufklärung, setzte Mitte des 18. Jhdts. ein; in ihrem Mittelpunkt stehen Figuren wie Abt Gallus Hammerl (1776-93) oder P. Beda Mayr, Bibliothekar und Professor an der Klosterschule, der u.a. mit seinen Überlegungen zur Überwindung der konfessionellen Spaltung Aufsehen und Anstoß erregte. Unter Abt Gallus wurde 1780 genau im Zentrum der Klosteranlage ein schlicht klassizistisch gestalteter Bibliotheksraum eingerichtet (der später einmal die Bibliothek der Pädagogischen Stiftung Cassianeum aufnehmen sollte).
Bezeichnend für die umfassende Kultur und Wissenschaftspflege im Kloster sind das Staunen der französischen Truppen, die 1796 die Bibliothek besichtigten, oder der Umstand, dass von den ca. 20000 Bänden, die schließlich in die Oettingen-Wallersteinsche Bibliothek gelangten, weniger als 50% auf theologische und kirchengeschichtliche Literatur entfallen.
Säkularisationszuwachs V: St. Mang in Füssen
Das Benediktinerkloster St. Mang in Füssen entstand Mitte des 9. Jhdts., ca. 100 Jahre nach dem Tod des hl. Magnus, der aus St. Gallen zur Missionierung des Allgäus aufgebrochen war.
Zu den Blütezeiten des Klosters zählten die zweite Hälfte des 15. Jhdts. (Abt Johannes Hess) und das 18. Jhdt., als die noch heute bestehende repräsentative Barockanlage entstand (mit neuem, noch heute erhaltenem Bibliothekssaal) und sich unter dem letzten Abt Aemilian Hafner Tendenzen der katholischen Aufklärung und verstärktes Interesse an den Naturwissenschaften im Kloster durchsetzen konnten. (Der Bibliothekar P. Basil Sinner etwa erfand damals unabhängig von dem Franzosen Claude Chappe den Telegraphen.)
Da die Bibliothek im Laufe ihrer langen Geschichte nie von Plünderungen, Bränden o.ä. heimgesucht worden war, bedeuteten ihre ca. 25000 Bände einen besonders wertvollen Zuwachs für die Oettingen-Wallersteinsche Bibliothek, insbesondere wegen ihrer reichen, geschlossen erhaltenen Handschriften- und Inkunabelbestände.
Allerdings war es dem letzten Abt zu Ende seiner Amtszeit gelungen, einige Bände aus diesen Beständen aus der Bibliothek zu entfernen und sie später P. Placidus Braun, dem ehemaligen Bibliothekar des Benediktinerstifts St. Ulrich und Afra in Augsburg, zur Aufbwahrung zu übergeben. (Heute befinden sich diese Bände im Archiv des Bistums Augsburg.)
Ruinöser Sammeleifer: Fürst Ludwig von Oettingen-Wallerstein
Im Jahr 1812 übernahm der nun volljährige Sohn Kraft Ernsts, Ludwig, die Regierung. Die oettingischen Territorien waren inzwischen mediatisiert und in die Königreiche Bayern und Württemberg eingegliedert .
Ludwigs Sammeleifer und sein Bestreben, das Gesammelte in musealer Form der Öffentlichkeit darzubieten, erstreckte sich auf die verschiedensten Gebiete, auf Gemälde, Graphik und Münzen ebenso wie auf naturwissenschaftliche Objekte; und selbstverständlich betätigte er sich auch bibliophil: Es gelang ihm, spektakuläre Handschriften für seine Bibliothek zu erwerben (u.a. die berühmte spanische Bilderbibel aus dem 12. Jhdt.).
1816 ließ er in Wallerstein 4500 Handschriften und frühe Drucke in gotisierenden Schränkten zu einer ‚mittlalterlichen Bibliothek’ zusammenstellen, aber auch ein öffentlich zugängliches ‚Leseinstitut’ einrichten, in dem z.B. zahlreiche Zeitschriften eingesehen werden konnten. Der Versuch, Ludwig Uhland als fürstlichen Bibliothekar zu gewinnen, scheiterte allerdings.
Bei Ludwigs weit ausgreifenden Plänen verwundert es nicht, dass sich 1821 ein Schuldenberg von zwei Millionen Gulden aufgetürmt hatte. 1823 zwang ihn seine Eheschließung mit der Tochter eines fürstlichen Gärtners zur Abdankung, woraufhin er sich dem Staatsdienst zuwandte (u.a. 1831-37 bayerischer Staatsminister des Inneren). Seine späteren Jahre waren überschattet von Schuldhaft und Exil in der Schweiz, wo er 1870 starb.
Ludwigs Nachfolger: Umsicht und Wahrung
Ludwigs Bruder und Nachfolger Friedrich sah sich aufgrund der desolaten Finanzlage, in der Ludwig das Fürstentum hinterlassen hatte, dazu gezwungen, Teile der Sammlung zu veräußern. So erwarb z.B. König Ludwig I. von Bayern 1828 ca. 200 Bilder aus der von Zeitgenossen (u.a. Goethe) besonders gerühmten Gemäldesammlung. Nichtsdestoweniger blieben die fürstlichen Sammlungen bedeutend und lockten weiterhin Besucher an, so dass 1847 feste Besichtigungszeiten eingerichtet wurden.
Die Bibliothek war von den Veräußerungsmaßnahmen nicht betroffen, abgesehen von einem Dublettenverkauf der späten 1830er Jahre. Dessen Erlös diente zum einen dazu, die Bücher und anderen fürstlichen Sammlungen 1841 wieder nach Maihingen zu verlegen, zum anderen wollte Friedrich damit einen Grundstock bilden, um "unsere Bibliothek durch das Interessanteste und Zweckmäßigste des seit neuerer Zeit Erschienenen zu ergänzen".
Obwohl auch seine Nachfolger einen jährlichen Etat für Neuanschaffungen bereitstellten, können die Erwerbungen des späteren 19. Jhdts. sich doch an Bedeutung nicht mit dem messen, was frühere Generationen zusammengetragen hatten.
Die Ära Löffelholz
Große Fortschritte machte im 19.Jhdt. die bibliothekarische Erschließung und Bearbeitung der Bestände. Die zentrale Figur in diesem Zusammenhang ist der Nürnberger Wilhelm Christian Eberhard Friedrich Freiherr Löffelholz von Colberg (1809 – 1891), der seit 1836 die Gewerbeschule in Nördlingen leitete und 1842 zur "Respizienz und Leitung der Fürstlichen Bibliothek und der damit verbundenen Sammlungen in Maihingen" bestellt wurde.
Die Erstellung eines Gesamtkatalogs der Druckschriften war bei Löffelholz’ Dienstantritt zwar bereits in die Wege geleitet, doch fielen die Hauptarbeit am Katalog und dessen Fertigstellung in seine Jahre. Es entstanden ein systematischer Katalog (die auch an der UB Augsburg beibehaltene Systematik orientierte sich an der der Münchener Hofbibliothek) und ein Autorenkatalog in Zettelform. Ganz befriedigend war diese Erschließung nie: Wenn mehrere Drucke zusammengebunden war, verzeichnete der systematische Katalog meist nur den ersten Druck; bei Anonyma bot der Zettelkatalog keine Hilfe.
Intensiv beschäftigte sich Löffelholz mit den Handschriften und ließ sich dabei u.a. von Johann Andreas Schmeller beraten, einem der bedeutendsten deutschen Sprachforscher des 19.Jhdts. (Bayerisches Wörterbuch, 1827-37). Löffelholz entwickelte eine neue systematische Aufstellung und legte einen Band- sowie einen Kapselkatalog an. Die ausführlichen Beschreibungen auf den Zetteln der Kapselkataloge sind auch heute noch wertvolle Unterlagen für die Handschriften, die noch nicht in den seit 1988 erscheinenden Handschriftenkatalogen der UB Augsburg erfasst sind. Die Handschriften der Oettingen-Wallersteinschen Bibliothek wurden bereits im 19. Jhdt. häufig zu wissenschaftlichen Zwecken ausgewertet.
Das 20. Jahrhundert: Einbußen und Ortswechsel
In den Jahren 1932-35 erlitt der Bibliotheksbestand schmerzliche Verluste, als zur Aufbringung von Erbschaftssteuer zahlreiche Stücke über Auktionen des Münchener Antiquariats Karl & Faber veräußert wurden, darunter wertvollste Handschriften (Nibelungenlied, Weltchronik des Rudolf von Ems), illustrierte Inkunabeln und Teile der Bibliothek Marcus Fuggers.
Nach dem Verkauf des Klosters Maihingen im Jahr 1946 an den Caritas-Verband wurde die Bibliothek auf dem zwischen Donauwörth und Nördlingen gelegenen Schloss Harburg untergebracht, wo sie bis zu ihrer Überführung an die UB Augsburg im Jahr 1980 verblieb.