Interview mit Georg Tiroch
Wichtige Karriereschritte
Seit 2020 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Soziologie mit Schwerpunkt Gesundheitsforschung der Universität Augsburg
09/2017 - 04/2018 Projektmitarbeiter an der Professur für Soziologie mit Berücksichtigung der Sozialkunde der Universität Augsburg
10/2016 - 04/2017 Tutor am Lehrstuhl für Politische Theorie und Ideengeschichte der Universität Augsburg
2015 - 2020 M.A. Sozialwissenschaftliche Diskursforschung an der Universität Augsburg
2009 - 2015 B.A. Sozialwissenschaften an der Universität Ausburg
Interview vom 06.03.2023
Herr Tiroch, Sie sind als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich der Soziologie bzw. Gesundheitsforschung an der Universität Augsburg tätig. Würden Sie bitte kurz beschreiben, wie Ihr Arbeitsalltag aussieht und welche Aufgaben dazu gehören?
Meine Arbeitstage unterscheiden sich ziemlich stark. Während der Vorlesungszeit nehmen auf jeden Fall die Seminare und die Belange der Studierenden einen erheblichen Teil meiner Zeit in Anspruch. Da ich ein recht hohes Lehrdeputat habe, versuche ich Montag und Dienstag ausschließlich der Lehre, der Durchführung sowie der Vor- und Nachbereitung zu widmen. Meist kommen aber Verwaltungstätigkeiten und/oder Sprechstunden dazwischen. Der Mittwoch ist meistens durch Gremienarbeit am Institut sowie Recherche- und Schreibarbeit geprägt. Donnerstag und Freitag versuche ich mich meiner Dissertation zu widmen. Allerdings bleibt im Laufe der Woche fast immer etwas liegen, dass dann noch schnell vor dem Wochenende zu erledigen ist. In der vorlesungsfreien Zeit steht dann die eigene Qualifikationsarbeit stärker im Vordergrund – meistens jedenfalls.
Wie sind Sie in den Bereich der Lehre & Forschung gekommen und welchen Berufsweg haben Sie ursprünglich geplant?
Ich hatte vor und während des Studiums verschiedene Berufswünsche, die immer mal wieder gewechselt haben. Wenn ich unbedingt eine lineare Erzählung spinnen müsste dann würde die ungefähr so funktionieren: Ursprünglich wäre ich sehr gerne Journalist geworden, hatte aber auch immer mit dem Gedanken gespielt mich lieber im Lehramt zu versuchen. Gegen Ende des Studiums verfestigte sich dann die Idee hauptamtlich bei einer der DGB Gewerkschaften zu arbeiten. Allerdings machte und macht mir die Soziologie mehr Freude. Ich habe während meiner Studienzeit deswegen schon versucht möglichst viel vom universitären Betrieb mitzubekommen. Am Ende fiel dann die Entscheidung folgerichtig zu Gunsten von Lehre und Forschung aus.
Spannenderweise genau die, die man bei einem Studium der Sozialwissenschaften sowieso mehr oder weniger nebenher erwirbt. Zum ersten, die Fähigkeit sich schnell in neue, unbekannte Themen einzuarbeiten sowie, zweitens, ein hohes Maß an Selbstständigkeit bei der Organisation der Arbeit. Drittens, und das scheint mir am wichtigsten zu sein, eine gewisse Gelassenheit und Ambiguitätstoleranz. Das erleichtert den Umgang mit schwierigen oder unangenehmen Problemlagen ungemein.
Ich möchte mir erst einmal selbst beweisen, dass ich dazu in der Lage bin. Wichtiger erscheint mir aber die Lust am Forschen und die Hoffnung, tatsächlich etwas fachlich und gesellschaftlich Relevantes, eigenständig erarbeitetes, beitragen zu können.
Einige einschneidende praktische Erfahrungen habe ich eher unfreiwillig gemacht. So musste ich einige Zeit in einer Kneipe arbeiten und war erstmal nicht sonderlich begeistert. Aber letztendlich hat sich das als Segen erwiesen. Zufällig habe ich da neben sehr lieben Kolleg*innen und Gäst*innen auch viel Zeit zum Lesen gefunden – zumindest vor 22:00 Uhr. Andere Kontakte und Erfahrungen habe ich selbstverständlich planvoller gesucht. Ich konnte zusammen mit Stiftungen und Gewerkschaften erste Erfahrungen in der politische Bildungsarbeit machen. Das bedeutete vor allem Seminare, Vorträge und Workshops zu organisieren oder abzuhalten. Davon profitiere ich heute noch, nicht nur in der Lehre. Am besten ist es Augen und Ohren immer offen zu halten und verschiedenes zu versuchen.
Ich traue mir gerade gar nicht zu das ernsthaft einschätzen zu können. Ich hoffe weiterhin in der Wissenschaft tätig zu sein.
Ein möglichst reger Austausch mit Kolleg*innen und Studierenden ist mir sehr wichtig. Deswegen kann ich mich auch meistens für die Lehre begeistern.
Ich wünsche mir ganz allgemein eine bessere Planbarkeit und mehr Sicherheit für den akademischen Mittelbau. Das hieße generell bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und konkret weniger Befristungen. Daueraufgaben benötigen unbedingt Dauerstellen. Vielleicht spricht da jetzt aber auch ein bisschen der Gewerkschafter aus mir.
Außerdem erhärtet sich bei mir langsam aber sicher der Verdacht, dass auch in Sachen Gleichstellung und Diversity vieles noch mehr Schein als Sein ist. Daran muss sich selbstredend schleunigst etwas ändern.
Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie sie nur können und versuchen Sie auch andere Fächer und Disziplinen kennen zu lernen. Es lohnt sich zudem immer außerhalb der Universität Erfahrungen zu sammeln. Nebenjobs und Praktika können gute Einblicke in die Arbeitswelt geben. Manchmal eröffnen sich dadurch ganz neue Perspektiven. Last but not least, nutzen sie die Möglichkeiten mit Leuten aus verschiedenen Praxisfeldern ins Gespräch zu kommen und scheuen Sie keine kritischen Nachfragen.
Am liebsten gehe ich Schwimmen oder ins Kino, um den nötigen Abstand von der Arbeit, den eigenen Fragestellungen und Themen zu bekommen. Außerdem achte ich immer darauf, dass Freund*innen und Familie nicht zu kurz kommen. Es gibt wahrscheinlich kein Patentrezept, aber Zeitmanagement und Planung sind offensichtlich wichtige Komponenten. Mir ganz persönlich helfen da praktische Tricks und Kniffe, wie Priorisierungen und die ehrliche Dokumentation der eigenen Arbeitszeit und Tätigkeiten. So kommt erst gar kein falsches schlechtes Gewissen auf, was eine zusätzliche, vermeidbare Belastung wäre.