Pressemitteilung 81 - 19.11.2020

Digitale Schwangerschaftskonfliktberatung ist verfassungsgemäß

Aktuelles Rechtsgutachten zur Beratung nach § 219 StGB

Augsburg/CH – Die Schwangerschaftskonfliktberatung gemäß § 219 StGB war und ist während der Covid-19-Pandemie nicht überall in Präsenzform möglich. Ein aktuelles Rechtsgutachten des Augsburger Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel zeigt nun, dass eine digitale Beratung verfassungs- und strafrechtlich zulässig ist.

 

Auch in digitialer Form ist die Schwangerschaftskonfliktberatung zulässig wie ein aktuelles Rechtsgutachten zeigt. Unsplash

Die Schwangerschaftskonfliktberatung gemäß Paragraph 219 des Strafgesetzbuches bildet die verfassungsrechtliche Grundlage für den Paragraphen 218a, der Schwangeren einen straffreien Abbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft ermöglicht. Während der ersten Welle der Covid-19-Pandemie stellte sich die Frage, was Frauen tun sollen, die wegen geschlossener Beratungsstellen, Reisebeschränkungen oder aus individuellen (gesundheitlichen) Gründen die Reise zu den teilweise weit entfernten Beratungsstellen nicht antreten können. Noch im März wurden ad hoc Beratungen per Telefon und durch Messenger-, Chat- oder Digitalkonferenzdienste ermöglicht.

Dieses Vorgehen kam überraschend und lässt sich nur mit dem zeitlichen Entscheidungsdruck während der ersten Pandemie-Welle erklären, meint Professor Kubiciel. Denn die herrschende Meinung in der Rechtswissenschaft verlangt eine „räumliche Nähe“ zwischen Schwangeren und Beratenden und schließt beispielsweise eine telefonische Beratung aus. Ein vom Augsburger Juristen Michael Kubiciel im Auftrag des Vereins donum vitae e.V. verfasstes Rechtsgutachten zeigt nun, dass eine Präsenzberatung weder verfassungs- noch strafrechtlich erforderlich ist. Die digitale Beratung ist somit rechtlich zulässig, wenn Vorgaben des Datenschutzrechts beachtet werden.

Kubiciel, Professor für Strafrecht an der Universität Augsburg, sagt, die Konfliktberatung solle Frauen keine Hürden in den Weg legen, sondern ihnen ein Hilfsangebot unterbreiten. Dies sei auf einigen, wenn auch nicht allen, digitalen Wegen gut möglich. Wichtig sei, dass die digitalen Formate einen persönlichen Austausch und eine individuelle Erörterung konkreter Konfliktsituationen ermöglichen.
Das Gutachten macht aber auch deutlich, dass selbst in der Ausnahmelage der Pandemie geltendes Verfassungs- und Strafrecht nicht einfach außer Kraft gesetzt werden darf. Forderungen, auf die Konfliktberatung kurzerhand zu verzichten, wie sie im Frühjahr zu vernehmen waren, weist Kubiciel daher zurück und betont: „Die Folgen der Pandemie sind innerhalb des geltenden Verfassungsrahmens zu bewältigen, nicht durch dessen Außerkraftsetzung.“
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