Fachprofil

Die Liturgiewissenschaft untersucht den Glauben des getauften Menschen wie er sich in der liturgischen Versammlung der Kirche vollzieht. Als aktueller Vollzug ist die Liturgie nicht nur Ausdruck, sondern zugleich auch die Quelle des christlichen Glaubens (vgl. SC 10). Wegen der zentralen Bedeutung für den Glauben zählt das II. Vatikanische Konzil die Liturgiewissenschaft zu den Hauptfächern der Theologie und legt allen anderen theologischen Disziplinen nahe, liturgiebezogen zu arbeiten:

„Das Lehrfach Liturgiewissenschaft ist in den Seminarien und den Studienhäusern der Orden zu den notwendigen und wichtigen Fächern und an den Theologischen Fakultäten zu den Hauptfächern zu rechnen. Es ist sowohl unter theologischem und historischem wie auch unter geistlichem, seelsorglichem und rechtlichem Gesichtspunkt zu behandeln. Darüber hinaus mögen die Dozenten der übrigen Fächer, insbesondere die der dogmatischen Theologie, die der Heiligen Schrift, der Theologie des geistlichen Lebens und der Pastoraltheologie, von den inneren Erfordernissen je ihres eigenen Gegenstandes aus das Mysterium Christi und die Heilsgeschichte so herausarbeiten, dass von da aus der Zusammenhang mit der Liturgie und die Einheit der priesterlichen Ausbildung deutlich aufleuchtet.“ (SC 16)

 

Der Vorgabe des Konzils entsprechend, theologisch, historisch und geistlich-seelsorgerlich vorzugehen, ergeben sich für die Liturgiewissenschaft drei Forschungsbereiche: die Systematik der Liturgie, die Geschichte der Liturgie und die Praxis der Liturgie.

  • Systematisch beschäftigt sich die Liturgiewissenschaft mit dem liturgischen Akt bzw. mit dem Menschen, insofern er im Gottesdienst der Kirche seine Gottesbeziehung durch Jesus Christus im Heiligen Geist je neu aktualisiert und im Gottes-Lob die kosmische Letztbestimmung seines Daseins realisiert. Eines der wichtigsten Problemfelder ist hier der Zusammenhang vom soteriologischen Gehalt und der Feiergestalt des Gottesdienstes. Aufgrund der inkarnatorischen Konkretheit des Glaubens in der Liturgie der Kirche (seine Sinnenhaftigkeit – Ästhetik und die Geschichtlichkeit), steht dabei nicht nur die Faktizität, sondern auch die Qualität der liturgischen Gestalt glaubenstheologisch zur Debatte.
  • Historisch vergewissert sich die Liturgiewissenschaft ihrer schriftlichen, rituellen, archäologischen und kulturgeschichtlichen Quellen. Sie untersucht und reflektiert die Ursprünge und die historische Werdung des Gottesdienstes als die konkrete lex orandi der Kirche. In dieser geschichtlichen Vergewisserung hat Liturgiewissenschaft eine kritische Funktion für die gegenwärtige Feier und Form des Gottesdienstes.
  • Pastoralliturgisch reflektiert die Liturgiewissenschaft auf die Verortung des Gottesdienstes im konkreten Heute der Menschen, ihrer Zeit und Kultur. Dabei rezipiert sie auch Erkenntnisse aus den Humanwissenschaften, besonders der Soziologie, der Psychologie, der (Kultur-)Anthropologie und der Religionswissenschaften.
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