36. Forschungswerkstatt Musiktherapie 2024

© Universität Augsburg

 

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Multizentrische Musiktherapie-Forschung aus klinischer

und wissenschaftlicher Perspektive

 

Einleitende Gedanken

Nach Klaus Grawe[1] hat die Psychotherapieforschung die Aufgabe, vier Fragen zu beantworten, die angewendet auf die Musiktherapieforschung folgendermaßen lauten: 1. Ist Musiktherapie wirksam? 2. Welche Form der Musiktherapie ist besser oder am besten? 3. Welche Form der Musiktherapie ist für wen indiziert? 4. In welcher Form wird Musiktherapie betrieben? Der Verlauf der Forschungsaktivitäten bestimmt den Stand der disziplinären Entwicklung, die sich anhand der Beantwortung der oben genannten Fragen in 4 Phasen unterscheiden lässt:  Legitimationsphase (I), Wettbewerbsphase (II), präskriptive Phase (III) und Prozessforschungsphase (IV).

 

 
 

 

FREITAG: 9.2.2024

ab 12h Anmeldung

 

13:00 BEGRÜSSUNG

Einführende Gedanken Susanne Metzner

 

13:30  VORTRAG: Interaktionsfokussierte Musik-

therapie mit krebserkrankten Kindern und wichtigen Bezugspersonen (INMUT): Herausforderungen und Chancen einer multizentrischen randomisiert-

kontrollierten Machbarkeits-Studie

Constance Boyde, Witten/Herdecke & Anna Görsch, Dortmund

 

14:45 ERFRISCHUNGSPAUSE

 

15:15 VORTRAG: Herausforderungen und Chancen einer internationalen Studie zur Musiktherapie im systemischen Kontext

Carina Petrowitz, Würzburg & Thomas Wosch, Würzburg

 

17:00 POSTERSESSION

Moderation Petra Burzlaff und Carmen Ding

 

18:30 ABENDIMBISS

 

19:30 BUCHVORSTELLUNG:

Literaturkompass Musiktherapie - Eine Reise durch Praxis, Theorie und Forschung mit 101 Büchern

Thomas Stegemann, Sandra Lutz Hochreutener, Hans Ulrich Schmidt (Hg.)

 

20:00 POSTERPREISVERLEIHUNG

(Horst Kächele Advancement Award)

 

anschließend Musikalischer Abschluss

 

 

SAMSTAG, 10.2.2024

8:50     WARM UP UND EINFÜHRUNG

Josephine Geipel

 

9:00 VORTRAG: Music Therapy for Preterm Infants and their Parents – from Research into Clinical

Implementation

Łucja Bieleninik, Gdansk (Polen) Shulamit Epstein, Haifa (Israel)

 

10:15 ERFRISCHUNGSPAUSE

 

10:45 DISKUSSIONSFOREN

 

1. „Warum gibt es so wenige Musiktherapie-Studien für den Bereich Psychiatrie/Psychosomatik? Welche weiteren „weißen Flecken“ gibt es in der Musiktherapieforschung“

Hans Ulrich Schmidt & Gitta Strehlow

 

2. Die Bedeutung des Scientist-Practitioner-Modells für erfahrene Musiktherapie-Praktiker*innen

Josephine Geipel & Susann Kobus

 

3. Sind Roboter die besserenStudienmusiktherapeut*innen?

Susanne Metzner & Thomas Wosch

 

4. Studentische Diskussionsforen [Themen nach Ankündigung]Student*innen des M.A. Musiktherapie Augsburg: 12:30 ABSCHLUSS UND FAREWELL

Interaktionsfokussierte Musiktherapie mit krebserkrankten Kindern und wichtigen Bezugspersonen (INMUT): Herausforderungen und Chancen einer multizentrischen randomisiert-kontrollierten Machbarkeits-Studie

 

Constance Boyde & Anna Görsch

 

Forschungshintergrund: Krebserkrankte Kinder und ihre Familien sind in einer existenziellen Belastungssituation, für die sich Musiktherapie als sprachübergreifendes Handlungsfeld bewährt hat, um individuelle Ressourcen, aber auch sozio-psycho-biologische Konflikte hör- und erlebbar zu machen. Obwohl Musiktherapie ein etablierter Bestandteil der multimodalen Versorgung an Kinderonkologie-Zentren ist, gibt es wenig Nachweise über Forschung auf diesem Feld und bislang keine RCT zu musiktherapeutischen Interaktionsprozessen im Familiensystem. Methode: In Kooperation mit der Universität Witten/Herdecke, dem Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke, dem Klinikum Dortmund, der Vestischen Kinderklinik Datteln und dem Nordoff/Robbins Zentrum für Musiktherapie Witten führen wir eine prospektive, multizentrische, randomisierte kontrollierte Machbarkeitsstudie (RCT) durch, in der wir interaktionsfokussierte Musiktherapie mit krebskranken Kindern und ihren Bezugspersonen (INMUT-KB; n=21) mit Musiktherapie nur mit dem Kind (MUT-K; n=21) vergleichen. Der primäre Endpunkt umfasst die Eltern-Kind-Interaktion (APCI), die sekundären Endpunkte beziehen sich auf subjektive Zielerreichung (GAS), Lebensqualität (KINDL), systembezogenes Funktionsniveau (EXIS), psychosoziale (BAS) und psychosomatische Belastung (SCL-9k) sowie Ressourcen (WIRF). Des Weiteren untersuchen wir Durchführbarkeitskriterien in Bezug auf Forschungsmethodik, Intervention, Akzeptanz und Effektgrößen. Diskussion: INMUT diskutiert neben Wirkmechanismen vor allem die Machbarkeit des Studienprotokolls mit allen Chancen und Herausforderungen des multizentrischen Mehrpersonensettings.

 

 

 

 

Herausforderungen und Chancen einer internationalen Studie zur Musiktherapie im systemischen Kontext

Thomas Wosch / Carina Petrowitz

495 Studienpaare, 35 Studientherapeut*innen, 6 Projektleiter*innen, 2 Gesundheitsökonomen, 5 Länder und 4 Sprachen – diese Eckdaten kennzeichnen die multizentrische Studie HOMESIDE zu musiktherapeutischen Interventionen im häuslichen Umfeld für Menschen mit Demenz und ihre pflegenden Angehörigen. Online durchgeführt und eingebettet in einen internationalen Kontext bedeutet dies mehrdimensionale Herausforderungen. Zugleich bieten sich aber auch Chancen und Möglichkeiten der Kooperation auf unterschiedlichen Ebenen. Anhand der randomisiert kontrollierten Studie HOMESIDE als internationales Forschungsprojekt sollen durch die Darstellung der Expertisen von Studienleitung und Studientherapeutin die verschiedenen Dimensionen aufgezeigt und der Umgang mit Herausforderungen und Chancen dargestellt werden. Während die Therapeut*innen vor allem Expert*innen für die Durchführung und Machbarkeit der Interventionen im sozialen und häuslichen Kontext der Studienpaare sind, ist die Studienleitung für die Aufgaben zur Entwicklung von Analyse-Strategien, Datenauswertung und Finanzierung des Gesamtprojektes verantwortlich. Anhand von Videobeispielen und weiterem Datenmaterial zur Studienumgebung werden die unterschiedlichen Blickwinkel der Beteiligten sowie die dadurch notwendige, intensive Kommunikation aufgezeigt. Denn klar ist, dass alle Beteiligten aufeinander angewiesen sind und als Teil eines Puzzles zum Erfolg der Studie beitragen. Gelingt dies, bieten multizentrische Studien im kleinen Fach der Musiktherapie die Chance, auch die notwendige Sample-Größe randomisiert kontrollierter Studien zu erreichen.

 

 

Music Therapy for Preterm Infants and their Parents – from Research into Clinical Implementation

 

Łucja Bieleninik, Shulamit Epstein

 

 

Music therapy (MT) demonstrates the potential to meet the needs of both infants and parents, but rigorously designed and adequately powered studies investigating parent and infant outcomes at both short- and long-term were lacking. LongSTEP is a 2x2 factorial, international multi-center, assessor-blind pragmatic randomized controlled trial that evaluated the impact of parent-driven infant-directed singing on maternal bonding, parental mental health, and infant development. Seven NICUs in five countries participated in the LongSTEP trial, making it a large, multi-cultural, multi-disciplinary experience involving many professionals and families worldwide. In this presentation, we aim to discuss the multiple layers in conducting a multi-national randomized controlled trial based on our experience designing and implementing the LongSTEP trial.

 

In our talk, we aim to discuss the acceptability, integrability, and safety of the music therapy intervention and protocol implementation, as seen from the core team’s eyes. We will cover music therapists, site investigators, physicians, and nurses. We will address challenging and successful aspects in the design and implementation phases of LongSTEP. and some user perspectives from families who participated in the Israeli and Poland sites. We consider what the trial afforded above and beyond the knowledge resulting from study outcomes. Thus, we aim to discuss the unplanned consequences of LongSTEP. Finally, we will discuss the main trial results and publications and share our speculations and conclusions towards designing more future studies.

 

 

 

1. Musiktherapeutische Trauerarbeit mit Kindern und jugendlichen nach Verlusterleben: Eine Untersuchung basierend auf
    Expert*inneninterviews zu thematischen und interventions-bezogenen Schwerpunkten

    Dr. Sonja Christina Futter

    Zentralinstitut für Weiterbildung (ZiW)der Universität der Künste Berlin

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2. Das Konzept der musiktherapeutischen Stimulation – Gegenübertragung und Körpergefühl eine Mixed-Methods Studie mit
    Messung der Vitalparameter, Mikroanalyse & Thematischer Analyse

    Monika Hoog Antink M.A.

    Uni-Klinik Hamburg, Theodorus Kinder-Tageshospiz

    

 

3. Die Spielfreude in der Musik setzt sich durch!

    Der Umgang mit Musik im Lebenslauf von Musiktherapie-Studierenden – Sechs Portraits

    Franziska Knapp

    Zürcher Hochschule der Künste

   

 

4. Musikalisierung als wirksame Methode in der Tinnitusbehandlung

    Annegret Körber, Tobias Wilfer, Carsten Spitzer

    Universitätsmedizin Rostock, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

    

 

5. „Was gibt´s da zu sehen? – eine qualitative Videoanalyse häuslicher Musiktherapie für Menschen mit Demenz und ihre

    pflegenden Angehörigen“

    Carina Petrowitz M.A.

    Würzburg

    

 

6. Rezeptive musiktherapeutische Intervention zur Sympathikus-Stimulierung bei Menschen mit Tetraplegie

    Sabine Pfiffner-Brogli1, Annkathrin Poepel1, Michael Furian2, Peter Lude3

    1Zürcher Hochschule der Künste, Zürich, Schweiz

    2Schweizerische universitäre Institution für traditionelle chinesische Medizin, Bad Zurzach, Schweiz

    3Rückenwind Plus AG, Bad Zurzach, Schweiz

    

 

7. Singen verboten? – Musiktherapeutisches Arbeiten mit der Stimme während der Covid-19-Pandemie

    Katharina Roth M.A.

    Universität Wien

    

 

8. Musiktherapie bei Zwangsstörungen

    Leonard Schaller

    Universität Wien

    

1. „Warum gibt es so wenige Musiktherapie-Studien für den Bereich Psychiatrie/Psychosomatik? Welche weiteren „weißen Flecken“ gibt es in der Musiktherapieforschung“

 

Gitta Strehlow, Hamburg / Hans Ulrich Schmidt, Augsburg/Hamburg

 

Es wird zunächst ein kurzer Überblick über die musiktherapeutische Studienlage für die Bereiche Psychosomatik (Schmidt) und Psychiatrie (Strehlow) gegeben. Gerade für die Psychosomatik als eines der „psychotherapeutischen Kernfächer“ erstaunt es, dass nicht z. B. mehr Studien zur Effektivität musiktherapeutischer Interventionen etwa bei somatoformen Störungen vorliegen. Auch die in quasi allen Lehrbüchern postulierte Auffassung, dass aktives Improvisieren, aber auch andere musiktherapeutische Anwendungen Konflikte verbalisierbar machen, erscheint nicht durch Studien belegt. In der Psychiatrie werden und wurden vorwiegend schizophrene Erkrankungen und Depressionen zentral beforscht z.B. die Zusammenhänge zwischen Therapieerfolg und der therapeutischen Allianz. Im Bereich der Persönlichkeitsstörungen fehlen jedoch bis heute Effektivitätsstudien.

Nach den Inputs sollen mit den Teilnehmenden im Rahmen einer Diskussion mögliche gemeinsame Antworten/Erklärungen gefunden werden.

 

 

2. Die Bedeutung des Scientist-Practitioner-Modells für erfahrene Musiktherapie-Praktiker*innen

 

Josephine Geipel, Augsburg / Susann Kobus, Essen

 

Das Scientist-Practitioner-Modell, dessen Ursprünge in der Mitte des 20. Jahrhunderts liegen, bildet das Ideal für das Studium der Psychotherapie. Es zeichnet sich durch die umfassende Verknüpfung von solider praktischer Expertise und vertiefter Forschungskompetenz aus. Zahlreiche Musiktherapie-Ausbildungsprogramme haben sich dieser Philosophie verschrieben, um die enge Verzahnung von Praxis, Lehre und Forschung zu fördern. Trotz einer fundierten wissenschaftlichen Ausbildung entscheiden sich jedoch nur wenige Musiktherapeut*innen für den Schritt in die Forschung. In diesem Forum widmen wir uns der Diskussion über die Voraussetzungen, Chancen und Wege für erfahrene Musiktherapie-Praktiker*innen sich aktiv an Forschungsprojekten und Kooperationen zu beteiligen.

 

3. Sind Roboter die besseren Studienmusiktherapeut*innen?

 

Susanne Metzner, Augsburg / Thomas Wosch, Würzburg

 

Mit dieser provokativen Frage zielen wir auf das Gütekriterium „treatment fidelity“ in kontrollierten Studien zur Wirkung von Musiktherapie. Ganz besonders in multizentrischen Studien, wenn es darum geht, musiktherapeutische Interventionen weitestgehend zu standardisieren fällt die Unterschiedlichkeit der Studientherapeut*innen in Bezug auf ihre Persönlichkeit, ihre Vorstellungen und Neigungen in therapeutischen Beziehungen, ihr Behandlungs- und ihr Musikverständnis auf. Das Gebot der Vergleichbarkeit wird z.T. schnell als Zwang zur Vereinheitlichung verstanden und schreckt viele klinisch tätige Musiktherapeut*innen davon ab, sich an kontrollierten Studien zu beteiligen. Liegt es da nicht nahe, Roboter einzubeziehen, die tun, was man ihnen sagt? Abgesehen von der notwendigen Klärung ethischer Fragen, verstecken sich hier zwei Irrtümer: 1. Selbst wenn immer dieselbe Musik gespielt werden würde, wäre die individuelle Rezeption der Hörer*innen ja nicht auszuschließen. Musik(therapeutische) Interventionen sind allein schon deswegen immer komplex. 2. Roboter sind längst nicht mehr ausschließlich algorithmen-gesteuerte Wesen, denn die neuronalen Netzwerke der künstlichen Intelligenz sind lernende Systeme, deren „outcome-Logik“ nicht einfach nachvollziehbar ist. So sind es gerade die neueren Entwicklungen in Physik und Informatik, die der Musiktherapie zu Hilfe kommen, indem z.B. der systemtheoretische Begriff der Emergenz Hochkonjunktur hat. Doch was bedeutet dies für das Design von kontrollierten klinischen (multizentrischen) Studien, etwa für die Darstellung von Interventionen und für die Interpretation von Messdaten? Dies gemeinsam zu diskutieren ist Anliegen des Forums.

 

Müssen wir alle forschen können? 

Unter der Leitung von Studierenden des 6. Semesters Musiktherapie der Universität Augsburg

 

In diesem Forum werden wir gemeinsam über die Implementierung von Forschung in den Studiengang der Musiktherapie diskutieren. Das Studium beinhaltet sowohl theoretische als auch praktische Anteile. Wie sollte das Verhältnis zwischen Forschung und Praxis innerhalb des Studiums sein, damit Studierende für die Praxis und zugleich auch für Forschungstätigkeiten ausgerüstet sind? Welche Voraussetzungen und Herausforderungen ergeben sich hierbei?
Wir freuen uns auf eine lebendige Diskussion mit Ihnen/euch. 

Forschung: Nur was für die anderen?

 

Unter der Leitung von Studierenden des 6. Semesters Musiktherapie der Universität Augsburg

Wir wollen uns in der Diskussion darüber austauschen, was es braucht, um zu forschen oder warum vielleicht Bedenken vorhanden sind, dass Forschung nur etwas für die anderen ist: für andere Disziplinen, für Expert:innen oder für andere Personen, außer sich selbst. Der Fokus soll nicht darauf liegen, was die Ausbildungsstätten fördern sollten, sondern mehr eine Diskussion über persönliche Beweggründe, Voraussetzungen, Entscheidungsgrundlagen, Vorteile einer Entscheidung für oder gegen den Weg zur Forschung sein.

Hier finden Sie ein hilfreiches Glossar zu Fachbegriffen, die für quantitative Studien verwendet werden: https://www.cochrane.de/cochrane-glossar

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